Landesverband
Verfassungsschutz stuft Brandenburger AfD als Beobachtungsfall ein
Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass der Landesverband von den extremistischen Kräften um den früheren Parteichef Andreas Kalbitz dominiert wird.

Der Brandenburger Verfassungsschutz stellt nun die gesamte AfD des Landes unter Beobachtung. „Extremisten als Extremisten zu erkennen und zu benennen, ist eine Kernaufgabe des Verfassungsschutzes“, sagte Behördenchef Jörg Müller am Montag in Potsdam. Es ist der erste Landesverband bundesweit, gegen den so vorgegangen wird. Grund dafür ist, dass der Einfluss von verfassungsfeindlichen Kräften als dominant im Landesverband angesehen wird.
„Aktuell sehen wir mit großer Sorge, welchen Weg die AfD in Brandenburg geht“, sagte Müller. Die Partei werde im Land klar dominiert vom bisherigen AfD-Landeschef Andreas Kalbitz, der auch Chef der Landtagsfraktion war. Seine Parteimitgliedschaft war Mitte Mai vom Bundesvorstand aufgehoben worden, weil er beim Parteieintritt Mitgliedschaften in rechtsradikalen oder extremistischen Organisationen verschwiegen haben soll. Müller sagte in Bezug auf Kalbitz, die Brandenburger AfD werde weiter „praktisch von einem parteilosen Rechtsextremisten geführt“.
Innenminister Michael Stübgen (CDU) betonte: „Das ist kein parteitaktisches Vorgehen“, auch wenn die AfD nun behaupten werde, ein unliebsamer Konkurrent solle bekämpft werden. Der Verfassungsschutz folge ganz klar den Vorgaben des Gesetzes. Der Minister sagte, die AfD habe die Möglichkeiten, rechtlich dagegen vorzugehen. Die Partei dürfe auch weiter an Wahlen teilnehmen. Es gebe auch keine Auswirkungen auf arbeitsrechtliche Verhältnisse. „Aber viele Firmenchefs sollten eine erhöhte Wachsamkeit an den Tag legen“, sagte der Minister.
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Kalbitz und Höcke wichtigste Vertreter des Rechtsaußen-„Flügels“
Kalbitz gilt als zweiter Mann hinter Björn Höcke im parteiinternen „Flügel“, der Rechtsaußen-Gruppierung dieser rechtsnationalen Partei. Der Flügel wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft, genau wie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA), die ebenfalls bereits ein Beobachtungsfall ist. Kalbitz hatte sich immer klar zum „Flügel“ und zur JA bekannt.
Der „Flügel“ hat sich im April auf Druck der Bundesparteiführung selbst für aufgelöst erklärt, damit nicht die gesamte Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Verfassungsschutzchef Müller spricht jedoch von einer „Scheinauflösung“. Denn sowohl die Hauptprotagonisten als auch ihre völkisch-nationalen Ideologien seien weiterhin vorhanden. Keinerlei Positionen wurden revidiert.
Nach Angaben von Müller werden 40 Prozent der 1600 Brandenburger AfD-Mitglieder dem „Flügel“ zugerechnet. „Der Flügel kann in Brandenburg nicht getrennt vom Rest der Partei beobachtet werden.“ Minister Stübgen formulierte es so: „In der Brandenburger AfD ist der Flügel längst der ganze Vogel.“
Dass die AfD in Brandenburg nun vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hat neben der „Verflügelung“ weitere Gründe: nämlich dass rechtsextremistische Positionen weit verbreitet sind und dass es enge Kontakte zu anderen extremistischen Organisationen gibt, wie zur Identitären Bewegung oder zum Verein „Zukunft Heimat“. Ein Grund ist aber auch, dass sich die Brandenburger Partei nach dessen Rauswurf nicht von Kalbitz getrennt hat. Die Fraktion hatte in einer eilig einberufenen Sondersitzung sogar die eigene Satzung so geändert, dass Kalbitz Mitglied der Fraktion bleiben konnte.
Es drängte sich auch niemand auf den Posten des Fraktionsvorsitzenden, sondern dieses Amt soll freigelassen werden, bis Kalbitz seinen Rechtsstreit wegen des Rauswurfs mit der Bundespartei geklärt hat. Verfassungsschutzchef Müller sagte, die AfD hätte die Beobachtung vielleicht noch verhindern können, wenn der Rauswurf von Kalbitz ein Richtungswechsel gewesen wäre oder eine Distanzierung von ihm oder vom Flügel. „Doch in Brandenburg wird in Nibelungentreue zu ihm gehalten, in einer Wagenburg-Mentalität.“
CDU und Linke bewerten Entscheidung des Verfassungsschutzes positiv
Brandenburgs CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte am Montag: „Die Entscheidung des Verfassungsschutzes Brandenburg ist absolut nachvollziehbar. Immer wieder hat die AfD Brandenburg unter Beweis gestellt, dass man als Rechtsextremist in ihren Reihen nichts zu befürchten hat. Im Gegenteil: Unter der Führung von Andreas Kalbitz scheint eine rechtsextreme Einstellung sogar außerordentlich hilfreich für die eigene Karriere.“
Die beiden Vorsitzenden der Linken-Fraktion, Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter, sagten: „Es ist gut, dass nun endlich auch der Verfassungsschutz feststellt, dass die AfD eine Gefahr für die Demokratie ist. Es muss nun auch dem Letzten klar sein: Diese Partei ist nicht nur mit ihrem mittlerweile inoffiziellen Nazichef Andreas Kalbitz verfassungsfeindlich, agiert rechtsradikal und muss bekämpft werden.“
Bei Teilen der AfD wird die Entwicklung erwartungsgemäß ganz anders gesehen. So schreibt Gunnar Lindemann, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, im Internet: „Linksextremisten in der Regierung missbrauchen den Verfassungsschutz gegen die größte Oppositionspartei. Erinnert an die dunklen DDR-Zeiten und das MfS.“ Gemeint ist mit letzterem das Ministerium für Staatssicherheit.