Verdacht: Gasversorger wollen uns Steuerzahler ausplündern
Gasversorger sollen überhöhte Preise verlangt haben, um höhere Ausgleichszahlungen der Gaspreisbremse beim Staat abzusahnen

Das Bundeskartellamt geht dem Verdacht nach, dass mehrere Gasversorger im Zusammenhang mit den Gaspreisbremsen ungerechtfertigt hohe Preise von ihren Kunden verlangt haben sollen. Das Amt berichtete am Montag von einer zweistelligen Zahl an Versorgern, die „möglicherweise überhöhte Erstattungsanträge nach den Preisbremse-Gesetzen gestellt haben“.
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Behördenpräsident Andreas Mundt: „Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass die Preise gegenüber den Endkunden sachlich nicht gerechtfertigt sein könnten und sind dabei, Licht ins Dunkel bringen.“
Die Preisbremsen-Gesetze verbieten einen Missbrauch der Entlastungsregeln. Damit soll verhindert werden, dass Energieversorger durch Erhöhung der Endkundenpreise eine höhere Ausgleichszahlung erhalten, obwohl es dafür keinen Grund durch gestiegene Kosten gibt.
Erste Prüfverfahren seien eingeleitet worden. „Wir haben die Aufgabe, den Staat vor Ausbeutung zu schützen“, erklärte Mundt. Weitere Verfahren bei Fernwärme und Strom stünden bevor. Eine Größenordnung nannte das Kartellamt für diese Bereiche nicht.
Die seit Jahresbeginn gültigen Preisbremsen sollen Verbraucher entlasten. Der bei Erdgas auf 12 Cent gedeckelte Preis gilt für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs. Um Energiesparen zu fördern, muss für den Rest der vertraglich festgelegte und somit höhere Preis gezahlt werden.
Deckel-Trick schaufelt Geld der Steuerzahler zu Gasversorgern
Bei Strom liegt der Deckel bei 40 Cent je Kilowattstunde, bei Fernwärme bei 9,5 Cent je Kilowattstunde. Die Differenz zwischen Deckel und dem „Vertragspreis“ zwischen Versorger und Endkunde erstattet der Staat – und damit der Steuerzahler – den Versorgungsunternehmen.

Wie das Kartellamt weiter berichtete, ging den eingeleiteten Verfahren eine Analyse sämtlicher Antrags- und Meldedaten in mehreren Tausend Anträgen voraus. Aus ihnen seien Preise, Liefermengen, Entlastungssummen und Kundenzahlen hervorgegangen. „Im Rahmen der Prüfverfahren wird das Bundeskartellamt zunächst die als auffällig identifizierten Unternehmen systematisch und datengestützt befragen.“
Stelle man Verstöße fest, müssten unrechtmäßig erlangte Ausgleichszahlungen zurückgezahlt werden. „Auch die Verhängung von Geldbußen ist möglich.“
Alle Anträge auf Ausgleichszahlungen werden künftig durchleuchtet
Mundt will keine halben Sachen machen: „Obgleich es keinen Generalverdacht gibt, werden wir künftig alle Antragsdaten zu den Ausgleichszahlungen der antragstellenden Unternehmen einer regelmäßigen systematischen Untersuchung unterziehen.“
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte die Überprüfung. „Es darf nicht sein, dass einzelne Unternehmen die Krise ausnutzen“, erklärte Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Gleichzeitig äußerte sie sich überzeugt, dass „der allergrößte Teil“ der mehr als 1000 Gasversorger in Deutschland die höchst komplexe Gaspreisbremse „absolut korrekt“ umgesetzt habe.
Preiserhöhungen allein seien jedoch kein Hinweis auf einen Missbrauch, so Andreae. So wirkten sich die hohen Großhandelspreise des vergangenen Jahres zum Teil erst mit Verzögerung auf die Endkundenpreise aus. „Energieversorger müssen in der Lage sein, diese stark gestiegenen Beschaffungskosten an die Kunden weiterzugeben.“