In mehreren europäischen Staaten gibt es schon eine Übergewinnsteuer für bestimmte Unternehmen, in Deutschland noch nicht.
In mehreren europäischen Staaten gibt es schon eine Übergewinnsteuer für bestimmte Unternehmen, in Deutschland noch nicht. dpa(2)/Kirsty Wigglesworth(1)/Rolf Vennenbernd(1), Imago(1)/Shotshop

Seit Monaten steigen die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Als Treiber gelten hier die nicht immer mit den „Gesetzen des Marktes“ erklärbaren Mondpreise im fossilen Energiesektor. Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärft die Situation noch einmal, unter anderem, weil Deutschland sich lange von russischem Gas abhängig und so für Russen-Führer Wladimir Putin erpressbar gemacht hat. Das brachte bereits den Gasversorger Uniper in Bedrängnis, dessen langfristige Verträge mit Russland nun nichts mehr wert sind – und der zur Bedienung seiner Kunden nun zu horrenden Preisen anderswo Gas einkaufen muss.

Um Unternehmen wie Uniper zu retten, hat die Bundesregierung nun die Gasumlage beschlossen. Heißt: Die Verbraucherinnen und Verbraucher, die ohnehin schon mit hohen Energie- und Lebensmittelpreisen zu kämpfen haben, werden nun erneut belastet. Doch laut einer Untersuchung des Netzwerks für Steuergerechtigkeit für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der Linkspartei nahesteht, gibt es auch einen anderen Weg: die Übergewinnsteuer. Doch die wird von Teilen der Bundesregierung strikt blockiert.

Energiekonzerne machen Übergewinne

Die Lage scheint klar und mehrere Studien belegen es: Die Konzerne, die hinter Öl und Gas stehen, machen sich nicht erst seit Russlands Überfall auf die Ukraine die Taschen voll. Eine Greenpeace-Studie zeigte bereits im April wie sehr die Konzerne profitieren, und der belgische Ingenieurswissenschaftler Ariel Verbruggen legte dar, wie stark die Ölindustrie mit den Preisen spielt und sich dabei bereichert. Die Gewinnprognosen aus dem fossilen Energiesektor wie etwa vom deutschen Kohle-Riesen RWE oder dem britischen Öl-Konzern Shell verdeutlichen, dass der Krieg der Branche gut tut.

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Der Ölkonzern Shell fährt derzeit riesige Gewinne ein. Dagegen regt sich Protest.
Der Ölkonzern Shell fährt derzeit riesige Gewinne ein. Dagegen regt sich Protest. Imago/Vuk Valcic

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Entsprechend haben mehrere Staaten Europas bereits Übergewinnsteuern eingeführt. Darunter ist neben Italien, Griechenland oder Rumänen auch Großbritannien, dessen Politik dafür bekannt ist, persönliche Interessen industriellen Interessen unterzuordnen. Und dennoch sieht es nicht danach aus, als würde Deutschland bald nachziehen, denn die Bundesregierung ist zerstritten: Wirtschaftsminister Robert Habeck und seine Partei Die Grünen stehen einer solchen Steuer mehrheitlich positiv gegenüber, Finanzminister Christian Lindner und seine FDP nicht. Bei der SPD hingegen ist man sich uneins: Parteichefin Saskia Esken ist dafür, Bundeskanzler Olaf Scholz eher dagegen. Er scheut die technische Herausforderung, wie er sagte.

Übergewinnsteuer: Deutschland muss nicht experimentieren

Dabei wäre Deutschland in diesem Falle gar nicht zum Experimentieren gezwungen. Nicht nur, dass mehrere Staaten es bereits vormachen, auch die EU-Kommission hat bereits eine Leitlinie veröffentlicht, wie Staaten eine solche Steuer ausgestalten können. Und auch die Untersuchung des Netzwerks für Steuergerechtigkeit, über die als erstes der Spiegel berichtete, scheint Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen.

So schlagen die Studienautoren Christoph Trautvetter und David Kern-Fehrenbach vor, um in Deutschland Übergewinnsteuer geltend zu machen, die Übergewinnsteuer vom deutschen Anteil am Umsatz aus den Konzerngewinnen abzuleiten. So könnte man umgehen, dass die Unternehmen „einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne in Steueroasen wie Singapur oder die Schweiz verschieben“, zitiert der Spiegel.

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Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Übergewinnsteuer lassen sich lösen

Eine weitere Schwierigkeit sei laut der Untersuchung der Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die Bundesregierung muss begründen, warum bestimmte Unternehmen zusätzlich besteuert werden und andere nicht – und sie muss definieren, welcher Gewinn regulär ist und welcher nicht. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hält eine Übergewinnsteuer aber dennoch für möglich. Laut Spiegel heißt es dort, dass der Staat darlegen müsse, dass bestimmte Unternehmen unverdiente Gewinne erzielt hätten. „Angesichts der offenkundigen aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärkten scheint dies nicht ausgeschlossen“, heißt es dort.

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Und wie viel Geld könnte der Bund nun mit einer Übergewinnsteuer einnehmen? Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit wirft eine große Spannweite in den Raum: So seien Einnahmen von bis zu 100 Milliarden Euro pro Jahr, mindestens aber 30 Milliarden Euro im Jahr denkbar, je nachdem, wie stark die Übergewinne besteuert würden. Würden sie beispielsweise mit 90 Prozent besteuert, gäbe es die 100 Milliarden Euro, bei 25 Prozent noch immer knapp 30 Milliarden. Geld, das der Staat für weitere Entlastungspakete für die Bürger gut gebrauchen könnte.