Ukraine-Manifest von Wagenknecht und Schwarzer löst heftige Reaktionen im Netz aus: DAS sind die gepfefferten Kontra-Stimmen, aus DIESER Partei kommt Applaus
Die Empörung über den Vorstoß kennt keine Grenzen, die Zustimmung kommt womöglich aus unerwünschter Ecke.

Sie wollen Frieden, aber der Tenor der Kritiker am gemeinsamen Manifest von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Verlegerin Alice Schwarzer richtet sich gar nicht gegen diese Forderung, sondern den vorgeschlagenen Weg dorthin: Der Westen soll der Ukraine keine Waffen mehr liefern. Dafür gibt es auch Zustimmung aus einer extrem umstrittenen Partei.
Wagenknecht und Schwarzer mahnen, die Welt sei auf einer „Rutschbahn“ in den Atomkrieg. In einem Manifest erwähnen sie zwar auch den russischen Angriffskrieg. Doch ihre Forderung richtet sich nicht gegen den Kreml, sondern gegen den Westen: Dieser müsse die Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen, um die Eskalation des Krieges zu beenden.
Wagenknecht und Schwarzer beschwören „Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg“
Spätestens wenn die ukrainischen Streitkräfte die Krim angreifen sollten, werde der russische Präsident Wladimir Putin „zu einem maximalen Gegenschlag“ ausholen. „Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.“
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In einem Video sagt die 80 Jahre alte Schwarzer lachend: „Manche von euch sind vermutlich überrascht, mich hier mit Sahra Wagenknecht Schulter an Schulter zu sehen. Aber es gibt einen sehr ernsten Grund dafür.“ Beide riefen zu einer Friedenskundgebung am 25. Februar am Brandenburger Tor auf, einen Tag nach dem Jahrestag des Kriegsbeginns. Ihr Manifest wurde von 69 Erstunterzeichnern unterstützt. Zu ihnen gehören die Theologin Margot Käßmann, der Sänger Reinhard Mey, der Satiriker Martin Sonneborn, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, der Textilunternehmer Wolfgang Grupp und der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen.
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Ehemaliger Botschafter Melnyk wift Schwarzer und Wagenknecht „Verrat der Ukrainer“ vor
Das Manifest war am Freitag eines der meistdiskutierten Themen in den sozialen Netzwerken. Besonders gesalzene Kritik kam vom ehemaligen ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk:
„Hallo ihr beide Putinschen Handlanger:Innen @SWagenknecht & #Schwarzer, euer Manifest für Verrat der Ukrainer könnt ihr zusammenrollen & gleich in den Mülleimer am Brandenburger Tor werfen.“
Knapp und deutlich meldete sich Sicherheitsexperte Carlo Masala zu Wort.
Selten schmallippich auch ZDF-Satiriker Jan Böhmermann, er twitterte nur: „Ei weh“.
AfD-Co-Chef Chrupalla:„ Ich habe diese Petition für den Frieden unterzeichnet“
AfD-Co-Chef Tino Chrupalla, der seit kurzem eine weiße Friedenstaube über dem Parteilogo flattern lässt, lobte dagegen: „Ich habe diese Petition für den Frieden unterzeichnet. Im Einsatz für den Frieden sollten Parteigrenzen keine Barrieren sein.“
Schwarzer und Wagenknecht betonen in ihrem Manifest: „Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.“ In ihren Augen sei das aber nicht eine immer weitere Verlängerung des Krieges, der aus der Ukraine letztlich ein entvölkertes, zerstörtes Land machen werde.
Kritik üben die beiden Verfasserinnen am ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. „Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis“, schreiben sie. „Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe - um Russland auf ganzer Linie zu besiegen?“ Die Ukraine könne zwar - unterstützt durch den Westen - einzelne Schlachten gewinnen. „Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen.“
Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe beim Amtsantritt geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. „Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen.“
Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer hatte bereits Offenen Brief gegen Ukraine-Waffenlieferungen initiiert
Im April vergangenen Jahres hatte Schwarzer auch schon einen Offenen Brief initiiert, der an Scholz appellierte, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern. Mittlerweile ist dieser Brief ihren Angaben zufolge von mehr als 500.000 Menschen unterzeichnet worden.
In einem Gegenappell hatten sich Intellektuelle damals für eine kontinuierliche Lieferung von Waffen an die Ukraine ausgesprochen. Wer einen Verhandlungsfrieden wolle, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine hinauslaufe, müsse ihre Verteidigungsfähigkeit stärken, schrieben unter anderem der ehemalige Grünen-Politiker Ralf Fücks, der Schriftsteller Daniel Kehlmann und der Verleger Mathias Döpfner. Einen Erfolg des russischen Angriffs zu verhindern, sei im Interesse Deutschlands.