Ukrainische Soldaten in der Oblast Charkiw (Archivbild).
Ukrainische Soldaten in der Oblast Charkiw (Archivbild). AP/Bernat Armangue

Es sind herzzerreißende Bilder, die aus der Ukraine über die sozialen Netzwerke nach außen dringen. Menschen stehen auf den Straßen, knien nieder und winken Panzern und Transportfahrzeugen zu. Überall schwenken die Menschen ukrainische Fahnen, jubeln und umarmen Soldaten. Die Menschen sind überglücklich, nach sechs Monaten brutaler russischer Besatzung endlich die eigenen Truppen zu sehen.

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Von den Videos aus den besetzten Gebieten gibt es eine ganze Reihe. Auf einem Video, dass nach Informationen von öffentlich zugänglichen Daten aus der Ortschaft Borivske in der Region Charkiw stammen soll, treten entlang der von Soldaten befahrenen Straßen überall Menschen heraus und winken den durchfahrenden Truppen freudig zu. 

Auf einem Video aus der Kleinstadt Balakliya, die zu Beginn der Woche von den Ukrainern befreit wurde, weinen mehrere Frauen vor Freude. Immer wieder sagen sie den ukrainischen Soldaten mit ihren blauen Armbinden auf Russisch „Spassiba“ – Danke. Die wiederum sorgen sich um die Mütterchen, bitten sie in den Keller zu gehen, weil die Russen weiter schießen würden. Die Frauen jedoch lassen sich nicht abbringen von ihrer Freude und bitten die Soldaten: „Wir haben Pfannkuchen übrig! Wollt ihr welche?“ Die gerührten Soldaten versprechen etwas später wiederzukommen.

Es sind Bilder, die Wladimir Putin und die russische Armee aus den besetzten Gebieten sehen wollten. Jedoch schwenken die Menschen keine russischen, sondern ukrainische Fahnen. Die Menschen jubeln, dass die ukrainische Armee nach sechs Monaten endlich die russischen Besatzer vertrieben haben. Auch ein weiteres Video aus Balakliya bestätigt den Eindruck.

Die Bilder sind auch ein krasser Gegensatz zu Videos, wie die russischen Besatzer im Februar und März in Teilen der Ukraine empfangen wurden. Besonders zu Beginn der Besatzung gab es in vielen Orten zum Teil heftige Protest. Menschen sprangen auf russische Fahrzeuge, warfen Gegenstände auf die Besatzer.

Russen können sich in besetzten Gebieten kaum allein bewegen

Laut Berichten aus russischen Militärkanälen in den sozialen Netzwerken, können sich die russischen Soldaten kaum allein bewegen, da es immer wieder Anschläge von Partisanen gibt. Auch gibt es Berichte, dass die lokale Bevölkerung die Russen oft beleidigt und Positionen der Streitkräfte an die ukrainische Armee weitergibt.

Die Besatzung der Ukraine wird für die Russen immer mehr zur Falle. Selbst die ohnehin gefälschten Referenden über einen Beitritt der besetzten Gebiete zu Russland mussten die Russen wegen Anschlägen und den Erfolgen der ukrainischen Armee mehrfach verschieben. Ob sie je stattfinden werden ist unklar. 

Bis zu 10.000 Russen könnten eingekreist werden

Für die Ukrainer läuft es hingegen in diesem Monat gut. Die ukrainische Armee ist bei ihrer Gegenoffensive im Osten des Landes tief in den Rücken der russischen Besatzungstruppen eingefallen. Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte die Rückeroberung der Kreisstadt Balaklija im Gebiet Charkiw. Die Armee habe seit Anfang September mehr als 1000 Quadratkilometer der Ukraine befreit, sagte er in seiner Videoansprache. Das ist eine Fläche größer als ganz Berlin!

Der ukrainischen Armee gelingen dieser Woche jedoch immer weitere Geländegewinne. Nun rücken die ukrainischen Truppen nach Osten und Südosten auf die Stadt Kupjansk vor. Auf einem Foto, das der ukrainische Journalist Ilja Ponomarenko gepostet hat, sind die Soldaten bereits am Stadtrand vor dem Ortsschild der Kleinstadt zu sehen. Auch russische Militärblogger bestätigen das Vorrücken der Ukrainer bis Kupjansk.

Sollten die Ukrainer tatsächlich die Städte Kupjansk und Horochowatka zurückerobern, würden sie die Versorgung der russischen Truppen in Isjum stark erschweren. Isjum ist ein Hauptstützpunkt der Russen im Osten der Ukraine und war seit Beginn der russischen Invasion im Februar besonders schwer umkämpft. Bis zu 10.000 Russen sollen sich um Isjum aufhalten und säßen dann in einer Falle, wie Experten des Institute for the Study of War schätzen. Von da an wäre eine Eroberung weiterer Gebiete im Donbas für die Russen nur noch schwer möglich. Den Russen droht nach dem Scheitern der Eroberung von Kyjiw und Charkiw die nächste Blamage.