Der Rätsel-Frachter vom Mittelmeer: Wo fährt er denn hin? Und wer kauft den Mais aus der Ukraine?
Die Razoni mit 26.000 Tonnen Mais sollte ihre Fracht im Libanon löschen, aber keiner scheint zu wissen, was aus dem Mais wird

Rätselraten um den Frachter „Razoni“, der vor sechs Tagen als erster mit ukrainischem Getreide in Odessa abgelegt hatte. Es scheint so, dass die 26.000 Tonnen Mais in weiten Teilen nur teilweise im Zielland des Frachters, Libanon, verkauft werden soll. Das Schiff stoppte unterdessen seine Fahrt.
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Händler hätten vorgehabt, vermutlich einen Teil der erwarteten Mais-Ladung im Libanon verkaufen und den Rest über Land ins benachbarte Syrien liefern wollen. Das sagten zwei libanesische Regierungsvertreter der dpa.
Getreide-Frachter ist schon den siebenten Tag unterwegs
Die „Razoni“ hatte den ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa vergangenen Montag verlassen, als erstes Schiff im Rahmen entsprechender Abkommen, die die Ukraine und Russland mittelbar unter türkischer und UN-Vermittlung abgeschlossen hatten. In der Ukraine liegen um die 20 Millionen Tonnen Getreide, die wegen der russischen Seeblockade nicht ausgeliefert werden konnten. Der Landweg hat keine ausreichende Kapazität.
Nach einer Inspektion vor Istanbul am Mittwoch steuerte der Frachter den Hafen Tripoli im Libanon an. Das kleine Land steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte und importierte vor dem Krieg in der Ukraine mehr als 70 Prozent seines Getreides von dort.

Es habe „viel Rummel“ um die „Razoni“ gegeben, sagte Hani Buschali, Präsident des Konsortiums für Lebensmittelimporte im Libanon. „Die Welt stellt sich ein Hilfsschiff vor, dass die Libanesen aus ihrer finanziellen Misere rettetet. Offen gesagt ist das nicht der Fall“, sagte Boshali. „Der Libanon braucht Weizen, keinen Mais.“
Bis jetzt habe niemand das Gut auf der „Razoni“ öffentlich beansprucht. Mehr Klarheit werde es erst geben, wenn das Schiff tatsächlich anlege und die Ladung gelöscht werde.
Schwierige Lebensmittel-Transporte nach Syrien
Vom Libanon aus führen mehr als 20 illegale Grenzübergänge in das Bürgerkriegsland Syrien. Die meisten davon kontrolliert die mit dem Iran verbündete Hisbollah. Der Export von Lebensmitteln nach Syrien ist legal, wird aber erschwert durch Finanzsanktionen des Westens gegen die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Die Hisbollah schmuggelt in großem Stil unter anderem Lebensmittel und Medizin nach Syrien.
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Die „Razoni“ wurde eigentlich am Sonntag im Libanon erwartet. Der Website Marinetraffic zufolge änderte sie während der Fahrt dann aber unerwartet ihren Kurs.
Getreide-Frachter am Sonntag ohne Zielangabe
Am Sonntag lag das Schiff weit westlich vor dem türkischen Mittelmeerhafen Iskenderun vor Anker, laut Marinetraffic mit dem neuen Ziel „Order“, also einem noch unbestimmten Ort, von dem aus ein Händler die geladene Ware bestellt. Der Libanon wäre eine Tagesfahrt entfernt.
Die ukrainische Botschaft im Libanon teilte lediglich mit, die Ankunft sei „verschoben“ worden.