Nach Explosion auf der Krim-Brücke

UPDATE! Russischer Raketen-Terror gegen Kiew +++ Moskau droht mit neuen Raketenangriffen +++ Schwere Explosionen erschüttern mehrere große Städte in der Ukraine +++

Russland hatte nach Angriffen auf sein Staatsgebiet gedroht, ukrainische Kommandozentralen ins Visier zu nehmen. Getroffen wurden Zivilisten.

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Menschen gehen durch die rauchenden Trümmer inmitten der Zerstörung, die nach dem Beschuss eines Einkaufszentrums in Kiew im März entstanden ist. Nach mehreren Monaten Ruhe sind am Montagmorgen wieder Bomben in der ukrainischen Hauptstadt eingeschlagen.
Menschen gehen durch die rauchenden Trümmer inmitten der Zerstörung, die nach dem Beschuss eines Einkaufszentrums in Kiew im März entstanden ist. Nach mehreren Monaten Ruhe sind am Montagmorgen wieder Bomben in der ukrainischen Hauptstadt eingeschlagen.Rodrigo Abd/AP/dpa

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist es am Montagmorgen zu schweren Explosionen gekommen. Es habe mehrere Einschläge gegeben, berichtetet Bürgermeister Witali Klitschko. In den sozialen Medien ist zu sehen, wie Rauchwolken über die Stadt ziehen.  Kiew war nicht das einzige Ziel des russischen Terrors mit Raketen und Marschflugköpern, mehrere Städte wurden getroffen. Es soll neun Tote allein in Kiew gegeben haben.

Kremlchef Wladimir Putin hat die Raketenangriffe als Reaktion auf die „Terroranschläge“ gegen russisches Gebiet bezeichnet. Zugleich drohte der russische Präsident Kiew am Montag bei einer Sicherheitsratssitzung mit einer noch härteren „Antwort“, sollten die „ukrainischen Angriffe“ fortgesetzt werden. Er bezog sich dabei auf die Explosion, die am Sonnabend die Brücke bei Kertsch beschädigte,  die russisches Festland mit der Krim verbindet. 

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  Klitschko forderte die Menschen via Nachrichtendienst Telegram auf, Schutz zu suchen. Das Stadtzentrum solle gemieden werden. „Die Straßen im Zentrum sind gesperrt von Sicherheitskräften, Rettungsdienste sind im Einsatz.“ Beschädigt wurde unter anderem ein Gebäude, in dem die Visa-Stelle der deutschen Botschaft untergebracht ist.  Teilweise fiel der Strom in der Stadt aus.

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Nach Beobachtungen einer dpa-Korrespondentin im Zentrum soll ein Feuerball am Himmel zu sehen gewesen sein. In sozialen Netzwerken waren Rauchwolken zu sehen. Augenzeugen berichteten von drei bis vier Einschlägen. Die genaue Zahl war unklar.

Rettungskräfte untersuchen den Schauplatz eines Angriffs auf Kiew.
Rettungskräfte untersuchen den Schauplatz eines Angriffs auf Kiew.Adam Schreck/AP/dpa

Explosionen in Kiew gelten als Rache

BBC-Korrespondent Paul Adams berichtet von „mindestens zwei großen Explosionen“. Im Kurznachrichtendienst Twitter kursiert ein Ausschnitt aus der Liveübertragung des britischen Senders aus Kiew. Während er spricht, wird es plötzlich sehr laut, in dem Moment scheinen die Raketen in Kiew einzuschlagen. Der Moderator muss in Deckung gehen, die Schalte wird unterbrochen.

„Eine der Raketen ist beim Gruschewski-Denkmal in der Wolodymyr-Straße heruntergekommen. Die Rettungskräfte sind an der Arbeit“, teilte der Berater des Innenministeriums, Anton Geraschtschenko, mit. Die Wolodymyr-Straße liegt direkt im Zentrum Kiews.

Kiew ist seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereits mehrfach von russischen Raketen getroffen worden. Es war der schwerste Vorfall dieser Art und der erste Angriff auf die Stadt seit Monaten.

Der Luftalarm in der ukrainischen Hauptstadt wurde erst nach fünfeinhalb Stunden aufgehoben, Menschen verließen Keller, Schutzräume und die tiefliegenden U-Bahn-Stationen.

Der ukrainische Journalist Denis Kazanskyj schrieb auf Twitter, dass bei dem Raketenangriff Zivilisten getötet wurden. „Menschen brennen in Autos, in denen sie zur Arbeit gefahren sind.“

Das ukrainische Präsidialamt teilte mit, es habe Angriffe auf „viele“ ukrainische Städte gegeben: Auf Lwiw (Lemberg), Charkiw, Dnipro, Rivne, Ternopil, Schytomir, Slowjansk, Chmelnyzkyj und Saporischschja. In Teilen von Charkiw fielen Strom und Wasserversorgung aus. In fast allen Landesteilen der Ukraine galt Luftalarm. „Ein massiver Raketenangriff auf das Gebiet, es gibt Tote und Verletzte“, teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk mit.

Ex-Kremlchef Medwedew droht mit neuen Raketenangriffen

Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew drohte derweil mit neuen Raketenangriffen auf ukrainische Städte. „Die erste Episode ist vorbei. Es wird weitere geben“, schrieb Medwedew, der Vizesekretär des Sicherheitsrats ist, am Montag beim Nachrichtendienst Telegram. Der ukrainische Staat sei in seiner jetzigen Form eine ständige Bedrohung für Russland. Deshalb müsse die politische Führung des Nachbarlands vollständig beseitigt werden, betonte Medwedew. Dies sei seine „persönliche Position“.

Nach Raketenangriffen steigt schwarzer Rauch über Kiew auf. 
Nach Raketenangriffen steigt schwarzer Rauch über Kiew auf. dpa/Ukrin

Russen feuerten 75 Raketen ab. Ukraine will 41 von ihnen abgeschossen haben

Nach ukrainischen Angaben hatten die Russen 75 Raketen abgefeuert, von denen 41 abgefangen worden seien. Ziele seien Einrichtungen der Energieversorgung und die Zivilbevölkerung. Die Regierung der Republik Moldau hat Russland beschuldigt, bei Raketenangriffen auf Ziele in der Ukraine den moldauischen Luftraum verletzt zu haben. Drei Marschflugkörper seien von russischen Schiffen im Schwarzen Meer abgefeuert worden und hätten dabei den Luftraum seines Land durchquert.

Russland versuche, die Ukraine zu vernichten, erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj: „Am 229. Tag des Krieges versuchen sie, uns zu vernichten und uns vom Antlitz der Erde zu tilgen. Zerstören unsere Leute, die zu Hause in Saporischschja schlafen. Töten sie Menschen, die in Dnipro und Kiew arbeiten gehen. Der Luftalarm lässt in der gesamten Ukraine nicht nach. Es schlagen Raketen ein. Leider gibt es Tote und Verwundete. Bitte verlassen Sie die Luftschutzbunker nicht. Passen Sie auf sich und Ihre Lieben auf. Lasst uns durchhalten und stark sein.“

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Zuvor hatte der Vizechef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, der Ukraine Vergeltung für die Explosion auf der für Russland strategisch wichtigen Krim-Brücke am Samstag angedroht. Kremlchef Wladimir Putin hatte am Sonntag von einem „Terroranschlag“ auf die Brücke gesprochen und – wie Medien in Kiew – den ukrainischen Geheimdienst SBU verantwortlich gemacht. Bestätigt hatte der SBU eine Beteiligung aber nicht.

Die SBU-Zentrale liegt im Stadtzentrum in Kiew. Die Machtzentrale in Moskau hatte wiederholt gedroht, Kommandostellen in der ukrainischen Hauptstadt ins Visier zu nehmen, wenn der Beschuss russischen Gebiets nicht aufhöre.

Explosionen in Kiew als Antwort auf Explosion auf Krim-Brücke

Medwedew hatte am Sonntag gesagt: „Alle Berichte und Schlussfolgerungen sind gemacht. Russlands Antwort auf dieses Verbrechen kann nur die direkte Vernichtung der Terroristen sein.“ Er äußerte sich in einem Interview der kremlnahen Journalistin Nadana Friedrichson. „Darauf warten die Bürger Russlands“, meinte er vor einer geplanten Sitzung des Sicherheitsrats an diesem Montag, die Putin leiten wird.

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Am Samstagmorgen hatte eine Explosion die 19 Kilometer lange Brücke erschüttert, die Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Dabei wurde rund siebeneinhalb Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine das für Russland strategisch und symbolisch wichtige Bauwerk schwer beschädigt. Offiziellen Angaben aus Moskau zufolge starben drei Menschen.

Verletzte Menschen nach Raketenangriff auf Kiew am Montag.
Verletzte Menschen nach Raketenangriff auf Kiew am Montag.AP

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat wegen der Attacken mit Selenskyj telefoniert. Der Kanzler habe Selenskyj dabei die Solidarität Deutschlands und der anderen G7-Staaten zugesichert, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Deutschland werde alles tun, um zusätzliche Hilfe zu mobilisieren und bei der Reparatur der beschädigten Infrastruktur zu helfen. Die Bundesregierung verurteile die russischen Angriffe auf das Schärfste, betonte Hebestreit.

Nach seinen Angaben werden die G7-Staaten am Dienstag in einer gemeinsam Videoschalte mit Selenskyj beraten.

EU-Parlamentspräsidentin zu russischen Angriffen: „Das ist kriminell“

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat die jüngsten russischen Angriffe als abscheulich bezeichnet. Die Geschehnisse zeigten der Welt einmal mehr, mit was für einer Führung man es in Moskau zu tun habe. Diese lasse Terror und Tod auf Kinder herabregnen. „Das ist kriminell“, fügte Metsola hinzu. Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen werden. Die Ukraine werde gewinnen und Europa nicht wegschauen.

EU-Chefdiplomat Josep Borrell zeigte sich schockiert. „Solche Taten haben im 21. Jahrhundert keinen Platz.“  Er verurteile diese aufs Schärfste.

Nach eigenen Angaben befand sich zum Zeitpunkt der Angriffe auch EU-Justizkommissar Didier Reynders in Kiew. Dank der schnellen Reaktion des Sicherheitspersonals seien sein Team und er schnell in den Schutzraum eines Hotels gebracht werden, schrieb der frühere belgische Außenminister.