Der Zehnkämpfer Wolodymyr Androschtschuk ist im Krieg gefallen.
Der Zehnkämpfer Wolodymyr Androschtschuk ist im Krieg gefallen. Imago/NurPhoto, Twitter/Screenshot

Die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine ist längst zu einem Symbol ukrainischer Widerstandskraft geworden. Seit mehr als einem halben Jahr versucht Russland die strategisch so wichtige Stadt einzunehmen. Doch mit zunehmendem Scheitern werden die Angriffe immer wüster. Gnadenlose Bombardements haben die Stadt verwüstet, ein Leben ist dort kaum noch möglich. Dennoch verteidigen ukrainische Truppen, die Stadt in der Oblast Donezk, in der einmal fast 75.000 Menschen gewohnt haben. Einer von ihnen war auch der Zehnkämpfer Wolodymyr Androschtschuk. Nun ist er im Kampf gefallen.

Ukrainischer Zehnkämpfer fällt im Krieg, IOC macht Tür für Russland auf

Als Sportler auf nationalem Level war der 22-Jährige eigentlich vom Kriegsdienst befreit, meldete sich aber dann freiwillig zur Verteidigung seines Landes. In der vergangenen Woche starb der Zehnkämpfer und wurde an diesem Mittwoch in der westukrainischen Stadt Letytschiw beigesetzt.

Bei der Beerdigung waren neben der Familie und Freunden von Androschtschuk auch ehemalige Weggefährten aus dem Zehnkampf anwesend. Diese verliehen dabei nicht nur ihrer Trauer über einen verstorbenen Freund Ausdruck, sondern auch ihrer Wut über das abermals schockierend nachsichtige Verhalten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit Russland. Der Verband mit seinem deutschen Präsidenten Thomas Bach sucht derzeit nach einer Möglichkeit, russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten die Teilnahme an internationalen Sportveranstaltungen und auch den Olympischen Spielen in Paris 2024 unter neutraler Flagge zu ermöglichen.

IOC-Präsident Thomas Bach will russische Sportler wieder zu den Wettkämpfen zulassen. 
IOC-Präsident Thomas Bach will russische Sportler wieder zu den Wettkämpfen zulassen.  AP

In vielen Ländern stößt dieser Vorstoß auf Unverständnis, vor allem in der Ukraine, die sich seit fast einem Jahr einem russischen Angriffskrieg ausgesetzt sieht. Sollten russische und belarussische Sportler tatsächlich wieder bei Sportwettkämpfen antreten dürfen, hat die Ukraine bereits einen Boykott der Olympischen Spiele angedroht. 

Auch Dmytro Korbenko, ebenfalls ukrainischer Zehnkämpfer und enger Freund Androschtschuks, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Rande der Beerdigung: „Es ist offensichtlich, dass sie weder im Sport noch bei den Olympischen Spielen vertreten sein sollten.“

IOC will russischen Sportlern Olympia-Start ermöglichen

Diese Meinung scheint inzwischen aber nicht mehr nur das IOC, das in der Vergangenheit auch in Doping-Fragen sehr nachsichtig mit Russland gewesen ist, nicht zu teilen, sondern auch die Vereinten Nationen. Zwei UN-Expertinnen lobten in einer Mitteilung die Überlegungen zur Zulassung sogenannter „neutraler Athleten“. Laut den Plänen des IOC müssten diese ohne Flagge, Hymne oder andere Erkennungszeichen antreten und den Nachweis erbringen, dass die Sportler den Angriffskrieg auf die Ukraine nicht aktiv unterstützt haben. 

Laut der UN-Mitteilung diskriminiere der Ausschluss der russischen und belarussischen Athleten diese wegen ihrer Nationalität. „Wir verstehen den Wunsch, die ukrainischen Athleten und die olympische Gemeinschaft der Ukraine zu unterstützen, die wie alle Ukrainer schrecklich unter dem Krieg leiden“, heißt es in der Mitteilung. Die olympische Gemeinschaft habe aber die „zwingende Verpflichtung“, sich an internationalen Menschenrechtsnormen auszurichten. Zwar äußerten die Expertinnen Verständnis dafür, dass Sportveranstaltungen nicht instrumentalisiert werden sollten. Allerdings dürfe „kein Athlet gezwungen sein, sich auf eine Seite des Konflikts zu stellen“.

Bereits als Russland Staatsdoping nachgewiesen wurde, entschied das IOC weiterhin russische Sportler zu den Wettkämpfen zuzulassen, sofern sie unter neutraler Flagge starten. Dies hatte der russische Verband mit Sportkleidung in den Farben der Flagge immer wieder umgangen. 

Tennis-Star Switolina kritisiert IOC-Pläne

Die Ukrainische Tennisspielerin Elina Switolina hat dafür kein Verständnis. „Warum sollten russische und belarussische Athleten diese Chancen bekommen, wenn ihre eigene Regierung unschuldige Menschen in der Ukraine dieser Chancen beraubt?“, ließ sie sich zitieren. 

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In Russland hat man aber offenbar längst Oberwasser gewonnen und weiß um die Zugewandtheit des IOC. Entsprechend ging Stanislaw Posdnjakow, der Vorsitzende des Nationalen Olympischen Komitee Russlands (ROC), in die Offensive und forderte eine Teilnahme der russischen Athleten ohne jegliche Auflagen. Wie es kommt, liegt in den Händen des IOC.