Ukrainische Armee unter Druck, Nato und EU wollen gemeinsam gegenüber Russland auftreten
Trotz schwerer Verluste greifen russische Truppen und Söldner die Städte Bachmut und Soledar an

Die Lage der ukrainischen Truppen in einem Frontabschnitt im östlichen Gebiet Donezk scheint zunehmend verzweifelt, geht aus Äußerungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj hervor: Russische Armee und Wagner-Söldner greifen trotz heftiger Verluste ununterbrochen seit Monaten die inzwischen weitgehend zerstörten Städte Bachmut und Soledar an, die etwa zehn Kilometer voneinander entfernt sind.
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Der britische Geheimdienst nimmt an, dass die Russen bei einer Eroberung von Soledar ukrainische Nachschubwege nach Bachmut abschneiden wollen. Eine Eroberung beider Orte, so die Mutmaßung, soll auch die Kontrolle über stillgelegte Stollen von Salzbergwerken bringen: Russen und Ukrainer gingen davon aus, dass man eigene Soldaten durch die 200 Kilometer langen unterirdischen Wege hinter die feindlichen Linien bringen kann.

Nato und EU wollen sich enger gegenüber Russland und China abstimmen
Im Nato-Hauptquartier in Brüssel, weit entfernt vom Kampfgebiet, haben Europäische Union und Nato an Dienstag eine gemeinsame Erklärung unterschrieben. Darin geht es um abgestimmte Reaktionen auf die Aggression Russlands, aber auch auf Chinas Politik. Auf den „geostrategischen Wettbewerb“ mit ihnen müsse man sich verstärkt einrichten.
Als größte Sicherheitsgefahr wird Russlands Krieg gegen die Ukraine genannt. Er beinträchtige weltweit die Stabilität und habe eine Energie- und Lebensmittelkrise ausgelöst, die Milliarden von Menschen treffe. Russland müsse den Krieg sofort beenden und aus der Ukraine abziehen.

Unter anderem soll die Zusammenarbeit beim Schutz „kritischer Infrastruktur“ wie beispielsweise der Energieversorgung verbessert werden. Außerdem soll die Einmischung speziell Russlands in die Politik der in 21 Fällen deckungsgleichen 27 EU- und 30 Nato-Staaten unter anderem durch Falschmeldungen im Internet begrenzt werden.
Skepsis über die Erfolgsaussichten: Türkei mauert
Die Erklärung baut auf zwei gemeinsamen Erklärungen von 2016 und 2018 auf. In diesen wurde zum Beispiel vereinbart, koordinierte Übungen zu organisieren und die Kooperation im Bereich der Cybersicherheit zu stärken. Allerdings gestalteten sich die Abstimmungen für die dritte Erklärung zäh.
Beobachter zweifeln, ob die Zusammenarbeit wirklich verbessert werden kann. Unter anderem habe das Nato-Land Türkei bislang verhindert, dass es einen umfassenden und einfachen Austausch vertraulicher Informationen mit der EU gibt.
Baerbock sagt Ukraine weitere Unterstützung zu
Bei einem zunächst geheim gehaltenen Besuch in Charkiw hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der Ukraine weitere Waffenhilfe zugesagt. Die Ukraine benötige Waffen, „um ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu befreien, die noch unter dem Terror russischer Besatzung leiden.“
Baerbock besuchte die Ukraine nur wenige Tage nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Abgabe deutscher „Marder“-Schützenpanzer an das von Russland überfallene Land. Nun gibt es Forderungen, auch den Kampfpanzer Leopard 2 zu liefern. Dafür signalisierte am Dienstag EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Unterstützung. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz und seine SPD bleiben zurückhaltend.