Schock-Moment bei Ukraine-Besuch: Lambrecht muss wegen Luftschutzalarm in Bunker
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht war mit ihrem ukrainischen Amtskollegen in Odessa, als dort die Sirene anging.

Schock-Moment beim Besuch von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Samstag in Odessa. Als sie sich gerade die über die Lage dort informierte ging plötzlich die Luftschutzsirene an. Lambrecht musste mit ihrem Amtskollegen Oleksij Resnikow in den Bunker flüchten! Erst nach der Entwarnung durfte sie ihren Besuch fortsetzen.
Lambrecht hat am Samstag erstmals seit Kriegsbeginn die Ukraine besucht. In der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer traf sie mit ihrem ukrainischen Kollegen zusammen, wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte. Die Ukraine benötige insbesondere Waffen zur Luftverteidigung, sagte Lambrecht bei ihrem Ukraine-Besuch im Interview mit den ARD-„Tagesthemen“.
Lambrecht sieht Bedarf bei der Flugabwehr
„Nach den Eindrücken, die ich heute gewonnen habe, steht jetzt die Luftverteidigung im Vordergrund sowie die Artillerie“, sagte sie. Sie habe erlebt, „wie mit Drohnen die Bevölkerung gequält wird“. In der Frage der von Kyjiw geforderten Panzerlieferungen bekräftigte Lambrecht die Haltung der Bundesregierung, dass es keine Alleingänge Deutschlands geben werde.
Zur Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen im Krieg gegen Russland hat die Bundesregierung bisher vor allem Artillerie und Flugabwehr-Systeme geliefert. Moderne Panzer vom Typ Leopard und Marder, wie sie Kyjiw fordert, verweigert Berlin bislang.
Luftabwehrsystem Iris-T SLM soll noch im Oktober geliefert werden
Lambrecht sagte die rasche Lieferung einer Einheit des Luftabwehrsystems Iris-T SLM zu. Deutschland will der Ukraine zunächst vier der jeweils 140 Millionen Euro teuren Systeme zur Verfügung stellen. Die Finanzierung von drei weiteren Systemen ist gesichert. Eine Einheit besteht aus vier Fahrzeugen - einem Feuerleitgerät und drei Raketenwerfern. Es soll eine mittlere Großstadt vor Angriffen aus der Luft schützen können.
Das System ermöglicht dem deutschen Hersteller Diehl Defence zufolge Schutz vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge ist es das modernste Flugabwehrsystem, über das Deutschland verfügt.
Flakpanzer Gepard auch in Odessa im Einsatz
Die Ministerin informierte sich im Hafen von Odessa über den Einsatz eines von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Flugabwehrpanzers vom Typ Gepard. Deutschland hat dem von Russland angegriffenen Land insgesamt 30 dieser Panzer inklusive etwa 6000 Schuss Munition geliefert.
Das System helfe beim Schutz der „kritischen Infrastruktur“, bei der Abwehr von russischen Luftangriffen, sagte sie im Getreidehafen. Von dort wird das ukrainische Getreide übers Schwarze Meer in die Welt exportiert, nachdem die Lieferungen lange von Russland blockiert worden waren. Lambrecht sprach auch mit der in Deutschland ausgebildeten Gepard-Mannschaft.

Die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Atomwaffen müssten ernst genommen werden, fügte Lambrecht hinzu. Sie „rate jedem, das nicht zu bagatellisieren“. Es dürfe jedoch auch nicht dazu führen, „das wir uns lähmen lassen“. Im Westen gibt es Befürchtungen, dass Putin angesichts schwerer militärischer Rückschläge in der Ukraine auf Atomwaffen setzen könnte. Der russische Präsident hat wiederholt einen Einsatz von Atomwaffen angedroht.
Ukrainischer Beitritt: NATO will nicht Kriegspartei werden
Zum Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Lambrecht, in Brüssel herrsche Einigkeit, dass die Nato keine Kriegspartei wird. Dies werde auch in Zukunft so bleiben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Freitag als Reaktion auf die Annexion von vier ukrainischen Regionen durch Russland einen Antrag zur zügigen Aufnahme seines Landes in die Nato angekündigt.
Vor ihrem Besuch in der Ukraine war Lambrecht nach Moldau gereist, wo sie die Bereitschaft zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Nachbarland der Ukraine in der Soldatenausbildung und der Ausrüstung bekräftigte. Das kleine Land ist vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine besonders stark betroffen und leidet auch massiv unter den Folgen der Corona-Pandemie. Aus der Ukraine sind zahlreiche Flüchtlinge nach Moldau gelangt.