Tymko ist das derzeit amtierende Orakel-Murmeltier. Hier zeigte es sich im Jahr 2020 seinen Fans.
Tymko ist das derzeit amtierende Orakel-Murmeltier. Hier zeigte es sich im Jahr 2020 seinen Fans. Vyacheslav Madiyevskyy/Ukrinform/imago

Er ist einer der seltsamsten, aber auch berühmtesten Feiertage weltweit – an diesem Donnerstag wird wieder der Groundhog Day, der Murmeltier-Tag, in den USA begangen. Murmeltier Phil sagt dabei voraus, wie das Wetter werden soll. Kommt der Frühling oder bleibt der Winter noch ein bisschen. Der Feiertag wurde weltbekannt durch den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, bei dem Bill Murray immer wieder am Groundhog Day aufwacht.

Die lustige Tradition haben auch die Biologen der Karasin-Universität in Charkiw übernommen. Das Team der Uni betreibt eine biologische Forschungsstation in dem kleinen Dorf Haidary, rund 40 Kilometer südlich der einstigen Millionenstadt Charkiw. Dort halten die Forscher auch eine kleine Population von Murmeltieren.

Murmeltier-Tag in der Ukraine soll auf Artenschutz aufmerksam machen

Die Nagetiere gibt es auch im Osten der Ukraine. Sie sind eine geschützte Art. Um für den Schutz der Tiere zu werben, kamen die Biologen daher auf die Idee, auch in Haidary einen Murmeltier-Tag zu veranstalten. Das bekannteste von ihnen heißt Tymko und ist der Star des ukrainischen Murmeltier-Tages.

Tymko soll das Wetter vorhersagen. 2020 gab es keinen Schnee mehr.
Tymko soll das Wetter vorhersagen. 2020 gab es keinen Schnee mehr. Vyacheslav Madiyevskyy/Ukrinform/imago

Der Event erfreute sich in den Jahren vor der großflächigen russischen Invasion in der Ukraine wachsender Beliebtheit. Auch dort übertrugen Fernsehstationen das Ritual, die Presse berichtete. Hunderte Schaulustige kamen in guten Jahren vor Krieg und Pandemie. Das brachte die Tiere sogar auf die Rote Liste der Ukraine und sorgte dafür, dass sie nun Artenschutz genießen.

Veranstaltungsort soll wegen möglichem russischen Angriff geheim bleiben

Trotz des Krieges soll es aber auch dieses Jahr einen Murmeltier-Tag der Biologen und Naturschützer geben. Wo genau und in welchem Format, dass könne man jedoch aus Sicherheitsgründen nicht sagen, wie der Biologe Wolodymyr Hrubnyk dem Lokalsender Suspilne Charkiw mitteilte. Zu groß ist die Angst vor einem gezielten russischen Angriff.

Das Murmeltier wurde im Februar vergangenen Jahres in dem kleinen Ort Nesteriwka aufbewahrt und hielt dort Winterschlaf. Kurz nach der Invasion wurde der Ort von russischen Besatzungstruppen eingenommen. Essen zu besorgen sei schwierig gewesen. „Wir haben illegal Brot für sie gekauft – da gab es einen Mangel“, berichtet der Pfleger Wolodymyr Ronkin.

Von der Besatzung habe man den Murmeltieren einfach nichts gesagt. „Wir wollten sie nicht verletzen. Ich denke, wenn wir es ihnen hätten erklären können, wären sie nicht gerade glücklich gewesen“, so der Pfleger liebevoll über die Tiere. Dennoch hätten die Tiere starke Nerven bewiesen. „Die Murmeltiere haben nicht auf die Schüsse reagiert, die Flugzeuge oder Hubschrauber. Sie haben sich versteckt, aber es gab keine Panik und dann kamen sie wieder raus und fraßen.“ Die Dorfbewohner hingegen seien während der Besatzung depressiv gewesen. Viele hätten sich versteckt. Im September dann wurde das Gebiet von der ukrainischen Armee befreit – zusammen mit den Murmeltieren.

Den Veranstaltern liegt es deshalb besonders daran, dass der verrückte Feiertag wieder stattfindet. „Dies ist eines der wenigen Ereignisse und Traditionen, die während des Krieges nicht verschwinden. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass die Menschen Tymkos Prognose für das nächste Jahr, für das Frühjahr, hören“, erklärte Hrubnyk dem ukrainischen Sender.

Tymkos Prognosen treten zu 70 bis 80 Prozent ein

Beinahe hätte es den Murmeltier-Tag in der Region Charkiw in diesem Jahr nicht gegeben. Die russische Armee stand nur wenige Kilometer von Haidary entfernt, auch in der Region gab es Angriffe mit Artillerie. Viele Menschen sind geflüchtet. Der Murmeltier-Tag soll den Ukrainern auch ein Stück Normalität im russischen Angriffskrieg geben.

Und auch den Murmeltieren schadet der Tag nicht, auch wenn Tymko für die Aktion wohl geweckt werden wird. „Murmeltiere schlafen nicht den ganzen Winter wie Bären, in manchen Momenten kommen sie aus dem Winterschlaf, sie können an der Oberfläche pfeifen, sehen, was los ist. Sogar die Paarung bei Murmeltieren findet im Winter statt“, erklärt der Biologe Wolodymyr Hrubnyk.

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Nur eines kann der Biologe nicht sagen. Ob die Vorhersagen des Murmeltieres zutreffen. Immerhin gibt es aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der kleine Fellnager recht behält. „70 bis 80 Prozent von Tymkos Vorhersagen treffen ein“, berichtet Hrubnyk.