Russlands Präsident Putin mit einem Anwohner des neugebauten Nevsky-Distriktes in Mariopol. Oder war es ein Doppelgänger des Präsidenten?
Russlands Präsident Putin mit einem Anwohner des neugebauten Nevsky-Distriktes in Mariopol. Oder war es ein Doppelgänger des Präsidenten? imago/russisches Präsidialamt

Es ist der neunte Jahrestag der völkerrechtlichen Krim-Annexion durch Russland, der russische Präsident Wladimir Putin wollte ein Signal senden: Nach einem Kurzbesuch auf der ukrainischen Halbinsel ließ er sich in der Nacht erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges direkt in die besetzten Gebiete fliegen. Nicht an die heftig umkämpfte Front, sondern in die weitestgehend zerstörte und verlassene Großstadt Mariupol. Die dort entstandenen Aufnahmen mit dem russischen Präsidenten geben Rätsel auf. Es kursieren sogar Gerüchte, ein Doppelgänger des menschenscheuen Präsidenten sei auf diesen zu sehen.

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Russen-Befehlshaber Girkin glaubt an Fake: Reiste Putin-Doppelgänger auf die Krim und nach Mariupol?

Das Portal Wartranslated des estländischen Kriegs-Bloggers Dmitri untermauert entsprechende Gerüchte mit Aussagen eines hochrangigen russischen Militärs: Igor Wsewolodowitsch Girkin, früher Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU und Separatistenführer in Donezk.

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In einem Interview beschreibt er die Sozial-Paranoia des russischen Präsidenten mit Aufnahmen Putins, die zu Weihnachten entstanden waren. „Der echte Wladimir Putin“ habe damals ganz alleine in der Kirche des Kremls gesessen. „Wahrscheinlich hatten die Priester Angst, ihm zu nahe zu kommen“, vermutet Girkin. Wahrscheinlich habe ein Scharfschütze sie gewarnt, er würde sie erschießen, „wenn sie näher als 20 Meter kämen“.

In Mariupol sieht man Putin im vertrauten Gespräch mit Anwohnern. Kann das echt sein? Girkin erwähnt auch den grotesk langen Tisch, an dem Putin seine Minister empfing. Dagegen ein Putin, der sich distanzlos unter Leute mischt? „Wenn ich einen Fake-Putin in der Menge sehe, weiß ich sofort, dass ich einen Doppelgänger sehe.“ Was der Doppelgänger daherrede, sei irrelevant, wahrscheinlich rede er „Unsinn“.

Putin im herzlichen Gespräch mit Mariupol-Anwohnern: Bilder geben Rätsel auf

Entsprechende Gerüchte waren immer wieder aufgekommen. Die Reise Putins ist umso riskanter, als dass er nun weltweit per Haftbefehl gesucht wird. Dennoch deuten die Bilder darauf hin, dass die Putin-Reise sorgfältig inszeniert wurde. Die russische Propaganda ist berühmt dafür, sprichwörtlich „potemkinsche Dörfer“ zu präsentieren. Was soll man auch zeigen? So gut wie kein russisches Kriegsziel wurde erreicht, wo russische Truppen ukrainisches Territorium eroberten, bietet sich eine Spur der Verwüstung.

Stattdessen zeigt sich Putin in einem kleinen Neubauviertel von Mariupol, wo er freudestrahlend von Anwohnern begrüßt wird – obwohl wenige hundert Meter entfernt ganze Straßenzüge in Schutt und Asche liegen. Hunderttausende Menschen flohen oder starben bei Gefechten.

Putin in Philharmonie von Mariupol: Vorbereitung für Schauprozess gegen Asow-Kämpfer?

Als sonderlich kulturbeflissen ist Putin nicht bekannt. Dennoch nimmt er hier mit dem russichen Politiker Marat Khusnullin in der Philharmonie von Mariupol Platz. Gerüchten zufolge soll der Saal für ein Schaugericht umfunktioniert werden.
Als sonderlich kulturbeflissen ist Putin nicht bekannt. Dennoch nimmt er hier mit dem russichen Politiker Marat Khusnullin in der Philharmonie von Mariupol Platz. Gerüchten zufolge soll der Saal für ein Schaugericht umfunktioniert werden. AFP/VGTRK

Besonders grotesk Putins Besuch der Philharmonie, die als eines der wenigen großen Gebäude der Stadt die Bombardierung weitestgehend unbeschädigt überstand und unter russischer Besatzung sogar saniert wurde. In unmittelbarer Umgebung zerstörten russische Raketen das Dramatheater, in dem hunderte Zivilisten, darunter viele Kinder, Schutz gesucht hatten. Es wird allein dort von rund 300 Todesopfern ausgegangen, die in den Trümmern starben.

Im russischen Staatsfernsehen verbreitet der Kreml nun die Deutung, die Philharmonie werde als umfunktionierter Gerichtssaal dienen, um ukrainische Asow-Kämpfer abzuurteilen, die die Stadt bis zum letzten Moment verteidigten.

Berichten zufolge werden viele dieser Kriegsgefangenen unter unmenschlichen Bedingungen in einem Lager nahe Donezk festgehalten. 50 Gefangene starben in diesem Lager in Oleniwka bei einer Explosion, die vorsätzlich herbeigeführt worden sein soll. Ukrainischen Quellen sollten hierdurch Folter und Organhandel verschleiert werden.