Nikolai Patrushew wird als möglicher Putin-Nachfolger gehandelt.
Nikolai Patrushew wird als möglicher Putin-Nachfolger gehandelt. imago/Valery Sharifulin

Er gilt als engster Intimus des russischen Präsidenten Wladimir Putin und könnte bereits in den nächsten Tagen eine führende Rolle im Kreml einnehmen, oder sogar dessen Nachfolger werden? Nikolai Platonowitsch Patruschew löste Wladimir Putin Ende der 90er Jahre als Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB ab. Beide kennen sich bereits seit den 70er Jahren. Von der britischen Boulevardzeitung wird Patruschew, ein Armeegeneral, mit mehren Orden ausgezeichnet, unter anderem als Held der Russischen Föderation, nun als Interimspräsident ins Gespräch gebracht – unter der brisanten Annahme, dass sich Putin wohl in Kürze einer Krebsoperation unterziehen muss.

Indizien für Putins Krebs-Erkrankung verdichten sich: Patruschew soll angeblich Russlands Interimspräsident werden

Indizien für eine Krebserkrankung des russischen Präsidenten hatten sich in den vergangenen Wochen verdichtet. Nachfragen zu Putins Gesundheitszustand hatte der Kreml lange zurückgewiesen, doch in einem jüngsten Interview hatte sich der russische Außenminister Lawrow so unklar ausgedrückt, dass dies nahezu als Bestätigung interpretiert werden kann.

Wie lebensbedrohlich Putins Krebserkrankung tatsächlich ist, darüber kann nur spekuliert werden. Klar ist: Zumindest für die Zeit der OP und Regeneration würde Putin als Machthaber ausfallen. Im Falle von Komplikationen könnte sich sogar die Nachfolgefrage stellen – zu einem für Putin denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Die Ukraine-Invasion, offenbar das Lebensprojekt des russischen Präsidenten, droht in einem Debakel zu enden. Tausende tote russische Soldaten, nur mit brutaler Gewalt kommen die Truppen voran oder werden gar von der zahlenmäßig ukrainischen Armee zurückgeschlagen.

Nikolai Platonowitsch Patruschew: Ukrainer sind für ihn „Nicht-Menschen“

In diesem Moment kommen Hoffnungen auf, dass ein neuer Machthaber den offenbar überhastet geplanten Krieg beenden oder zumindest einen Waffenstillstand aushandeln könnte. Nur ist Nikolai Platonowitsch Patruschew ein denkbar ungeeigneter Kandidat für eine Kehrtwende der russischen Strategie. Vor wenigen Monaten formulierte Patruschew, der als außenpolitischer Hardliner gilt, deutlich, was er über Ukrainer denkt: Diese seien „Nicht-Menschen“. Tatsächlich sieht es eher so aus, dass Putin von Patruschews Verachtung der Ukraine geprägt wurde.

Zuletzt hatte Patruschew die Aufteilung der Ukraine als mögliches Szenario ins Spiel gebracht: „Das Ergebnis der Politik des Westens und des von ihm kontrollierten Kiewer Regimes kann nur zum Zerfall der Ukraine in mehrere Staaten führen“, sagte der russische Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew der staatlichen Tageszeitung „Rossiskaja Gaseta“.

Bereitet der Kreml unter Patruschew die Aufspaltung der Ukraine vor?

Patruschew warf den USA in dem Interview vor, den Ukrainern Nationalismus eingeimpft und sie gegen Russland aufgestachelt zu haben. „Doch Hass kann niemals zum zuverlässigen Faktor der nationalen Einheit werden“, sagte der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin. Russland begründet seinen Krieg gegen die Ukraine damit, dass die Führung in Kiew „ethnische Russen“ und den russischsprachigen Teil der Bevölkerung unterdrücke.

So deutet sich als Möglichkeit an, dass der Kreml eben diese Aufspaltung der Ukraine unter der Regie von Patruschew vorbereiten könnte: Statt die gesamte Ukraine auszulöschen, könnte der Kreml die Einnahme der Südukraine, zusätzlich zu den bereits von Moskau anerkannten prorussischen Separatistenregimes in Donezk und Luhansk als Sieg verkaufen. Im südukrainischen Gebiet Cherson bereitet Russland bereits ein Referendum vor, dass angeblich den Willen der Bevölkerung bekunden soll, Russland zuzugehören. Der Zeitplan dafür ist allerdings längst aus allen Fugen geraten, denn bis zum „Tag des Sieges“ am 9. Mai verbleiben nur noch wenige Tage. Selbst die russische Propaganda hätte Mühe, so etwas als Erfolg zu verkaufen.