Russische „Geisterschiffe“ spionieren Windparks und Pipelines aus
Die Russen-Schiffe fahren ohne Transponder. Geheimdienste vermuten, dass sie Sabotage vorbereiten sollen.

Es klingt wie ein Hollywood-Film, doch es scheint bittere Realität zu sein. Ein Netzwerk aus russischen „Geisterschiffen“ spioniert gezielt die Infrastruktur von NATO-Ländern aus und bereitet möglicherweise Sabotageakte vor.
Laut einem Bericht des dänischen TV-Senders DK vermisst dafür eine ganze Flotte russischer ziviler und militärischer Schiffe Infrastruktur wie Offshore-Windanlagen, Gaspipelines, Strom- und Internetkabel in den Gewässern rund um Norwegen, Dänemark, Finnland und Schweden.
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Erst am Dienstag hatten Medien zudem berichtet, dass dänische Sicherheitsbehörden ein russisches Schiff wenige Tage vor den Explosionen der Nordstream-Pipelines in der Nähe der Explosionsstelle fotografiert hatten. Es hatte sich mehrere Tage dort aufgehalten.
Russische Schiffe könnten Sabotageakte vorbereiten
Ziel der Spionage ist es laut den Behörden aus Skandinavien nicht nur zu wissen, was am Meeresboden liegt, sondern auch gezielte Sabotageakte der Infrastruktur vorzubereiten. So soll es möglich werden, Strom- und Internetkabel und zwischen den Ländern Europas und Nordamerika gezielt zu kappen.

Der Sender DK hat die Vorgänge in einer Dokumentation mit dem Titel „Schattenkrieg“ aufgearbeitet, die in Zusammenarbeit mit den Sender NRK aus Norwegen, SVT in Schweden und Yle in Finnland entstanden ist.
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Im Falle eines Konflikts mit dem Westen seien die Russen bereit und wüssten, wo sie eingreifen müssen, „wenn sie die dänische Gesellschaft lahmlegen wollen“, sagt der Chef der Spionageabwehr Anders Henriksen vom dänischen Polizeigeheimdienst (PET). Russland bereite sich damit weiter auf einen größeren Konflikt mit dem Westen vor.
Missionen werden direkt aus Moskau gesteuert
Der norwegische Geheimdienstchef konkretisiert weiter: „Dies ist eine strategische Kapazität für Russland, die als sehr wichtig angesehen wird und direkt von Moskau aus gesteuert wird“, sagt Nils Andreas Stensønes, Leiter des norwegischen Geheimdienstes der Recherchegruppe.
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Die Russen schalten bei den Spionagefahrten absichtlich die AIS-Transponder aus, die eine Position der Schiffe mitteilen. Den TV-Sendern liegen dabei abgefangene Funknachrichten der russischen Marine vor, die die Aktivitäten der Russen dokumentieren.
Im Zuge der Recherche überprüften die TV-Journalisten unter anderem das russische Schiff „Admiral Wladimirsky“. Das Forschungsschiff lag im vergangenen November mit ausgeschalteten Ortungssystemen vor Dänemark, funkte die Position aber ständig zu einer russischen Marinebasis. Ein Team des TV-Senders DK fuhr daraufhin mit einem Schlauchboot zu dem Schiff. Auf dem Deck erschienen daraufhin bewaffnete Soldaten und filmten den Vorfall.

Routen führen entlang von Pipelines, Unterseekabeln und Windparks
Anhand der Route des Schiffes, dass der dänische Geheimdienst aus der angefangenen Funkkommunikation erhielt, lief das Forschungsschiff die Positionen mehrerer Standorte heutiger und zukünftiger Offshore-Windkraftanlagen an und blieb jeweils mehrere Tage dort. Auch die AIS-Daten weiterer Schiffe wurden nach verdächtigen Routen überprüft.
Laut Analyse der nordischen Geheimdienste diente die Fahrt der Vorbereitung von Sabotageakten. Dies soll bei einem Krieg zwischen Russland und der Nato die Energieversorgung in Nordwesteuropa gezielt unterbrechen. „Das ist es, was die Forschungsschiffe tun - als Teil der Vorbereitung auf einen großen Krieg mit der NATO“, zitiert DK eine zentrale Quelle in einem westlichen Geheimdienst.
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Wie der Marine-Analyst HI Sutton vermutet, wollten die Russen wissen, wo die meisten Kabel zusammenlaufen, um so mit einer einzigen Unterwasser-Bombe ganze Offshore-Windfarmen lahmzulegen. Das gleiche Schiff soll bereits im vergangenen Herbst Windkraftanlagen vor der Küste Belgiens und der Niederlande ausspioniert haben.
Die Spionage-Aktivitäten in den nordischen Gewässern sollen in den vergangenen zehn Jahren von mindestens 50 Schiffen unternommen worden sein, wie verdächtige Schiffsrouten zeigen sollen. Selbst diese seien aber bei weitem nicht alle der Russen-Missionen.

Ganze Infrastrukturbereiche könnten ausgeschaltet werden
Diese seien Teil des GUGI-Programms. „GUGI ist eine militärische Organisation und ein militärisches Programm in Russland, das darauf abzielt, westliche Infrastrukturen auf dem Meeresboden zu kartieren, und sie haben Überwasserschiffe, U-Boote und Unterwasserschiffe, um diese Operationen durchzuführen“, sagt der norwegische Geheimdienstchef Nils Andreas Stensønes.
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Besonders anfällig sei die westliche Infrastruktur für Seeminen, die selbst von zivilen Schiffen aus verlegt werden können. Durch gezielte Zerstörung von Kabeln und Pipelines könnten ganze Infrastrukturbereiche in den nordischen Ländern aber auch in Deutschland ausfallen.
Die nordischen Journalisten kontaktierten auch die jeweiligen russischen Botschaften in ihren Ländern. Lediglich die russischen Botschaft in Norwegen antwortete: „Die Arbeit der Forschungsschiffe ist gefragt und wird in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht durchgeführt. Diese Arbeit wird über diplomatische Kanäle koordiniert“, so der russische Botschafter Teymuraz Ramishvili.