Kremlsprecher Peskow vor einer überdimensionalen Videoprojektion mit Russlands Präsident Wladimir Putin
Kremlsprecher Peskow vor einer überdimensionalen Videoprojektion mit Russlands Präsident Wladimir Putin dpa/Zemlianichenko

Dem Team um den inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny ist einmal mehr ein Coup gelungen. Kurz nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin die Mobilmachung des Landes verkündete, hat sie den Sohn des Putin-hörigen Kremlsprechers Dmitri Peskow reingelegt und als Drückeberger enttarnt. Andere Leute sollen den Kopf herhalten, während die Kreml-Clique es sich gut gehen lässt.

Mit einem fingierten Telefonat ist der Sohn von Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben des Teams um den inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny als Drückeberger entlarvt worden. Ein Mitarbeiter von Nawalnys Team gab sich am Telefon als Mitarbeiter eines Moskauer Wehrkreiskommandos aus, das die Einberufung von Reservisten nach der von Kremlchef Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung durchsetzen soll. Er werde sich nicht einfinden und die Frage auf anderer Ebene entscheiden lassen, sagte der 32-jährige Nikolai Choles (Peskow) dem veröffentlichten Telefonmitschnitt zufolge.

Ich bin Herr Peskow und „werde das auf einer anderen Ebene regeln“: Kremlsprecher-Sohn drückt sich vor Einberufung

„Wenn Sie wissen, dass ich Herr Peskow bin, dann sollten Sie verstehen, dass das nicht ganz korrekt ist, dass ich mich dort einfinde. Kurz, ich werde das auf einer anderen Ebene regeln“, sagte er demnach. Auf die nochmalige Frage, ob er sich doch noch am nächsten Morgen um 10.00 Uhr in der Dienststelle einfinden werde, betonte er: „Glauben Sie mir, das brauchen weder sie noch ich“.

Nikolai Choles (Peskow) badet gerne warm.

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Nawalnys Team wies Erklärungen des Kremlsprechers Peskow zurück, wonach das Telefonat geschnitten worden sei. Es habe sich um ein Live-Telefonat in einer Sendung gehandelt, hieß es. Peskow hatte russischen Medien zufolge erklärt, dass sein Sohn sich keineswegs dem Dienst entziehen wolle. Laut dem veröffentlichten Mitschnitt sagte Peskow junior, dass er grundsätzlich bereit sei zur Verteidigung der Heimat. Aber in die Ukraine will er demnach nicht.

Der Anrufer erinnert ihn daran, dass Putin selbst die Mobilmachung für den Krieg in der Ukraine angeordnet habe: „Wenn Wladimir Wladimirowitsch mir sagt, dass ich dorthin gehen soll, dann geh ich dorthin.“ Daraufhin wird er belehrt, dass Putin nicht jeden der anvisierten 300 000 Reservisten selbst anrufen könne. Peskows Sohn meint dazu, er sei nicht wie jeder. Der Kremlgegner Nawalny hatte zuvor beklagt, Putin werfe einfache russische Bürger in den „Fleischwolf“ des Kriegs, während die Elite unbeschadet bleibe.

Kremlsprecher Peskow: Krieg in Ukraine ist weiter „Spezialoperation“

Trotz der Teilmobilisierung betrachtet Russland den Krieg gegen die Ukraine rechtlich weiter als „militärische Spezialoperation“. Die Einberufung von 300 000 Rekruten ändere daran nichts, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau. Präsident Wladimir Putin hatte am Vortag die Teilmobilmachung verfügt, um mehr Soldaten für den Einsatz in der Ukraine zu bekommen.

Gezogen werden sollen vor allem Männer, deren Militärdienst noch nicht lange zurückliegt. Die Frage, bis zu welchem Alter einberufen werde, liege in der Kompetenz des Verteidigungsministeriums, sagte Peskow russischen Agenturen zufolge.

Auch wenn es offiziell nur um eine Teilmobilmachung geht, hat der Schritt Unruhe in der russischen Bevölkerung ausgelöst. In fast jeder Familie gibt es Reservisten. Peskow wiegelte ab und nannte Berichte übertrieben, dass es einen Ansturm wehrfähiger Männer auf Flugtickets in die Türkei und andere Länder gebe.

Es sei rechtlich zulässig, Festgenommenen einen Musterungsbescheid zu übergeben, sagte der Kremlsprecher. Bei Protesten gegen den Krieg und gegen die Mobilmachung waren am Mittwoch mehr als 1300 Protestler festgenommen worden. Einigen von ihnen wurde nach Angaben von Bürgerrechtlern bei der Polizei die Einbestellung zur Musterung aufgedrängt. Das Bürgerrechtsportal OVD-Info riet dazu, gegen diese Art der Zustellung Protest einzulegen. Russland war am 24. Februar in die benachbarte Ukraine einmarschiert.