Soldaten während einer Gedenkfeier für einen im Kampf getöteten Vater und dessen Sohn.
Soldaten während einer Gedenkfeier für einen im Kampf getöteten Vater und dessen Sohn. Efrem Lukatsky/AP

Bereits mehr als ein Jahr dauert der großflächige Angriff Russlands auf die Ukraine bereits und von hohen Verlusten Russlands ist viel zu hören. Doch an vielen Frontabschnitten ist der Krieg derzeit ein zäher Stellungskrieg, die Frontlinie bewegt sich nur mühsam. Dadurch steigen die ukrainischen Verluste. Das macht den Unterstützern der Ukraine zunehmend Sorgen.

Besonders der Kampf um Bachmut, einer Stadt mit einst rund 73.000 Einwohnern wird immer mehr zu verlustreichen Symbolschlacht. 

Lesen Sie auch: Der richtige Zeitpunkt zählt: So können Sie beim Einkaufen bis zu 5000 Euro sparen!>>

Verteidigung von Bachmut soll mit allen Mitteln festgesetzt werden

Die ukrainischen Einheiten fügen nach eigenen Angaben dem Gegner in Bachmut mit Artillerie und Panzern „spürbare Verluste“ zu. „Die Verteidigung der Festung hält an“, sagte Generaloberst Olexander Syrskyj, Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte. Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte am Dienstag ernut, dass man Bachmut verteidigen werde.

Auch immer mehr ukrainische Militärexperten zweifeln an der Verteidigung der Stadt. „Wir haben Informationen, dass die Ukraine Reservisten nach Bachmut schickt, die in westlichen Ländern ausgebildet wurden. Und wir erleiden Verluste unter den Reservisten, die wir für Gegenoffensiven einsetzen wollten“, zitiert ntv den ukrainischen Militärblogger Oleg Schdanow.

Lesen Sie auch: Eklat bei MDR-Show: Lisa Eckhart macht Polen-Witze und vergleicht EU mit Drittem Reich >>

Auch Militärexperte Gustav Gressel sieht das Festhalten an Bachmut durch die ukrainische Führung kritisch. „Um für eine Gegenoffensive genügend Kräfte zu haben und sich dafür zu schonen, wäre es aus ukrainischer Sicht besser, Bachmut zu räumen“, so Gressel vom European Council on Foreign Relations gegenüber dem Berliner KURIER.

Ukrainischen Militärbeobachtern zufolge haben derweil die russischen Einheiten vor allem nördlich und nordöstlich von Bachmut Boden gutgemacht. Die Russen versuchen weiter die Stadt einzukreisen. Das gelingt ihnen aufgrund heftiger Gegenwehr seit Wochen nicht. Das Kalkül der Ukrainer: So viele anstürmende Russen zu dezimieren, wie möglich. Laut westlichen Geheimdiensten gehen besonders der Söldnertruppe Wagner von Jewjeni Prigoschin die Rekruten aus. 

Lesen Sie auch: Neue Proteste im Iran: Bringen die Menschen das Mullah-Regime jetzt zu Fall? >>

Ukrainische Soldaten bereiten sich nahe Bachmut auf das Feuer auf russische Stellungen vor.
Ukrainische Soldaten bereiten sich nahe Bachmut auf das Feuer auf russische Stellungen vor. Libkos/AP

Verluste sind auch für die Ukraine hoch

Dennoch verliert auch die Ukraine viele vor allem erfahrene Kämpfer. Laut einem Bericht der Washington Post sollen bei den Ukrainern bis zu 120.000 Soldaten bereits getötet oder verwundet worden sein. Auch in der EU sieht man die Zahl als realistisch an. „Die 120.000 Ausfälle, etwa 30.000 Tote und 90.000 schwer verwundete, halte ich auf ukrainischer Seite für sehr realistisch“, sagt Militärexperte Gressel.

Lesen Sie auch: Wagner-Chef empört – Putin geht bei Anruf von Prigoschin nicht mehr ran >>

Eine enorme Zahl, die nur durch noch höhere Verluste bei den Russen übertroffen wird. Laut Washington Post könnten bereits bis zu 200.000 Kämpfer tot oder verwundet sein. Militärexperten wie Gressel gehen mittlerweile sogar von 100.000 toten und 150.000 verwundeten Russen aus. 

Wie lange kann die Ukraine weiter so durchhalten?

Dennoch werfe dies laut dem Bericht der Washington Post die Frage auf, wie lange die Ukraine diesen Abnutzungskampf noch durchhalten kann. Viele besonders kampferprobte Soldaten sind mittlerweile gefallen. Immer mehr unerfahrene Rekruten rücken nach. „Das Wertvollste im Krieg ist Kampferfahrung“, zitiert die Post einen ukrainischen Kommandeur mit dem Kampfnamen „Kupol“. 

Lesen Sie auch: Angriff in Bar: Ukrainischer Soldat in Deutschland brutal ins Krankenhaus geprügelt >>

Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Yermak, glaubt nicht, dass die Ukraine ihr Potenzial erschöpft habe. „Ich denke, dass es in jedem Krieg eine Zeit gibt, in der man neues Personal vorbereiten muss, was gerade passiert“, so Yermak laut Washington Post.

Ukrainische Soldaten legen während der Ausbildung auf einer Militärbasis der britischen Streitkräfte in Südengland eine Pause ein.
Ukrainische Soldaten legen während der Ausbildung auf einer Militärbasis der britischen Streitkräfte in Südengland eine Pause ein. Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

So werden derzeit tausende ukrainische Soldaten im Ausland nach NATO-Standard auf Kampfeinsätze vorbereitet und an westlichen Waffensystemen ausgebildet, die in den kommenden Monaten geliefert werden. Die ersten Waffen treffen bereits in der Ukraine ein. Sie sollen in einer möglichen Frühjahrsoffensive eingesetzt werden. Hier ist die Ukraine auf Gedeih und Verderb auf einen Erfolg angewiesen. Sonst könnten bei den westlichen Partnern mehr Zweifel auftreten, ob man das angegriffene Land noch weiter unterstützen solle. 

Westen muss bei der Beschaffung von Militärgerät schnell zulegen

Doch genau hier beiße sich die Katze in den Schwanz, meinen westliche Militärexperten. Denn anders als von der Bevölkerung oft wahrgenommen, bleibe der Westen bisher noch hinter seinen Möglichkeiten in der Unterstützung der Ukraine zurück. Denn für die hohe Zahl an getöteten und verwundeten Soldaten ist auch der eklatante Mangel an gepanzerten Fahrzeugen verantwortlich. „Was dem Westen fehlt ist eine klare Beschaffungsstrategie“, so Militärexperte Gressel. „Abgaben für die Ukraine werden nach dem Almosen-Prinzip organisiert: Jeder schaut in seinen Klingelbeutel, was er übrig hat.“

Lesen Sie auch: Ärztin gestorben – sie soll Putins Kinder mit Alina Kabajewa zur Welt gebracht haben >>

Doch diese Strategie sei am Ende. Die Partner der Ukraine müssten bereits jetzt Kampfpanzer, Artillerie, Schützenpanzer und Mannschaftstransportpanzer bestellen, um Gerät für die Ukraine frei zu machen. Bisher tun sie das jedoch nicht.„ In Brüssel glauben einige schon, der Krieg sei gewonnen und Russland geschlagen. Das ist er leider noch lange nicht“, sagt Gressel.

Es brauche weiter mehr Anstrengung um den brutalen Krieg in der Ukraine zu beenden. „Desto mehr Zeit wir verplempern, desto schlimmer wird es für die Ukraine.“ Und Zeit spielt am Ende vor allem einem in die Hände: Wladimir Putin.