Ein Standbild aus dem Video, das den Raketen-Einschlag in das ukrainische Einkaufszentrum beweist.
Ein Standbild aus dem Video, das den Raketen-Einschlag in das ukrainische Einkaufszentrum beweist. Twitter

Eine russische Rakete trifft ein Einkaufszentrum und tötet mindestens 20 Menschen, doch der Propaganda-Apparat des russischen Staatschefs Wladimir Putin erzählt der Öffentlichkeit Märchen. Mal wird der Angriff dementiert, dann eingeräumt, eine Rakete habe wohl versehentlich dort eingeschlagen. Tatsächlich habe man ein nahe gelegenes Waffendepot beschossen, amerikanische und europäische Waffen vernichtet. Und noch eine Märchenversion: Das Einkaufszentrum sei ja ohnehin geschlossen, also menschenleer gewesen.

Faktencheck erlaubt exakte Lokalisierung des Raketeneinschlags im Einkaufszentrum von Kremantschuk

Mit einem Faktencheck hatten Rechercheure bereits nachgewiesen, dass das Einkaufszentrum mitnichten menschenleer war, sondern diverse Geschäfte Waren und Verkaufsaktionen im Internet angepriesen hatten. Laut ukrainischen Angaben waren zum Zeitpunkt des Einschlags rund 1000 Menschen in dem Shopping-Center Amstor der mittelukrainischen Stadt Kremantschuk.

Ein Video, das unter anderem vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj bereitgestellt wurde, straft alle Dementis Lügen. Denn die gute Auflösung des Videomaterials einer Überwachungskamera erlaubt die exakte Lokalisierung des Einschlags, direkt auf dem Dach des Einkaufszentrums.

Videostandbild lässt auf exakten russischen Raketentyp schließen, der das Einkaufszentrum von Kremantschuk traf

Die Recherchen der Netz- und Militärexperten in der Nacht zu Mittwoch erfassten noch weitere Details des Videos, so ist auf einem Standbild der exakte Typ der russischen Rakete zu erkennen.

Schließlich stellt sich heraus: Es handelt sich um einen Marschflugkörper aus sowjetischer Produktion, den die russische Armee unter der Bezeichnung Радуга Х-22 Буря im Arsenal hat. In lateinischer Umschrift heißt sie Raduga Ch-22 Burja, die Nato bezeichnet sie als AS-4 Kitchen.

3000 Ch-22 Burja: Eine Rakete, die auch Nuklearsprengköpfe und chemische Kampfstoffe tragen kann

Die Rakete soll größere Ziele wie ein Kriegsschiff mit einem einzigen Schuss ausschalten und kann sogar mit einem Nuklearsprengkopf und chemischen Kampfstoffen versehen werden. Russland verfügt über 3000 Ch-22 Burja in verschiedenen Versionen. Unter anderem auf Wikipedia wird inzwischen festgestellt, dass beim Angriff auf das Einkaufszentrum das Nachfolgemodell der Ch-22, eine Ch-32 eingesetzt worden sei. Diese verfügt über eine moderne Elektronik, Glonass/GPS-Navigation und kann aus einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern abgefeuert werden.

Dass der Treffer auf dem Dach des Einkaufszentrums ein Irrläufer oder ein Versehen sein könnte, ist somit extrem unwahrscheinlich.