Großbritanniens Premier Boris Johnson: Wäre Putin eine Frau, hätte er die Ukraine nicht angegriffen
Der russische Staatschef sei ein Paradebeispiel für „toxische Männlichkeit“, findet der britische Staatschef.

Warum hat Russlands Präsident Wladimir Putin eigentlich das Militär seines Landes in Bewegung gesetzt, das Nachbarland Ukraine anzugreifen? Putin selbst hat dafür reichlich abstruse Gründe genannt. Sein Land wolle Nazis in der Ukraine bekämpfen, hieß es. Nachgeliefert wurden nicht weniger abenteuerliche Begründungen, so angebliche Atomwaffenpläne des Nachbarlandes. Tatsächlich wird die Ukraine von einem jüdischstämmigen Prädidenten, Wolodymyr Selenskyj, regiert. Atomwaffen hatte die einstige Sowjetrepublik, hatte diese jedoch im Rahmen des Budapester Memorandums 1994 an Russland abgegeben. Das wiederum verpflichtete sich darin, Grenzen und Staatlichkeit der Ukraine anzuerkennen.
Putin träumt vom russischen Zarenreich und nimmt den Tod zahlreicher Zivilisten in Kauf
Um internationale Vereinbarungen schert sich aber Russland nur dann, wenn sie in ihrem eigenen Interesse liegen. Russlands Staatsführung hat sich jedoch dazu entschlossen, sämtliche Vereinbarungen bezüglich der Ukraine zu ignorieren, das Land ohne jeden nachvollziehbaren Anlass zu überfallen und gnadenlos selbst gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen.
Vor einigen Wochen hat Wladimir Putin für sein Vorgehen noch eine weitere Begründung nachgeliefert: Er beruft sich auf das einstige russische Zarenreich, dessen Größe er wieder herstellen will. Da sich dieses einstmals auch auf das Baltikum und andere Länder ausdehnte, fühlen sich diese nunmehr ebenfalls von Russland bedroht.
Aber welchen Sinn ergibt all dies? Unschuldige Menschen sterben, die Weltwirtschaft befindet sich in erheblichen Schwierigkeiten, auch die russische Bevölkerung bekommt zunehmend die Folgen von Sanktionen zu spüren. Politisch ist Russland zwar nicht isoliert, doch die wirtschaftsstärksten Länder der Welt zeigen dem Land klare Kante. Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat bereits zahlreiche Beweise gegen Putin und weitere Verantwortliche des Ukraine-Krieges zusammengetragen: Angehörige der Staats- und Militärführung müssen mit einer Verhaftung rechnen, sobald sie sich auf Auslandsreisen in Ländern befinden, die das Gericht anerkennen.
Johnson: Putin ist „ein sehr gutes Beispiel von toxischer Männlichkeit“
Eine psychologische Begründung hat der britische Premier Boris Johnson in einem ZDF-Interview präsentiert: Er hält das Verhalten des russischen Präsidenten Wladimir Putin für ein gutes Beispiel toxischer Männlichkeit, also einem auf Gefühllosigkeit, Härte und auch Aggressivität basierenden Rollenbild. „Wenn Putin eine Frau wäre, glaube ich einfach nicht, dass er so einen machohaften Krieg vom Zaun gebrochen hätte“, sagte Johnson am Dienstag in einem ZDF-Interview laut Übersetzung des Senders. „Wenn Sie ein sehr gutes Beispiel haben wollen von toxischer Männlichkeit, dann haben wir das in seiner Person vor uns.“
Für Johnsons Vermutung spricht: Putin hatte sich seit jeher in Macho-Posen präsentiert, die auf internationale Beobachter eher lächerlich wirkten – so zum Beispiel mit nacktem Oberkörper reitend auf einem Pferd. In zahlreichen Reden hatte Putin auch gegen eine vermeintliche Gender-Ideologie des Westens gewettert, gegen die Russland kämpfe. Aus dieser Haltung heraus werden in Russland Homosexuelle und andere queere Menschen verfolgt. Putin nahestehende Oligarchen und Organisationen unterstützen Mittelsleute im Ausland, die gegen Frauen- und Minderheitenrechte zu Felde ziehen.
Auch Frauen in Regierungsämtern waren für Kriege und Völkermorde verantwortlich
Dagegen spricht allerdings auch, dass Frauen in Regierungsämtern durchaus auch für strittige und teils völkerrechtliche Entscheidungen standen. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher zeigte sich als „eiserne Lady“ im blutigen Nordirland-Konflikt, den Falkland-Krieg mit 1000 Toten führte sie kompromisslos. Der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wird als Präsidentin von Myanmar ein Völkermord an dem Volk der Rohingya vorgeworfen.
So ist an der Erklärung von Johnson sicherlich etwas dran, als einzige Erklärung des Ukraine-Krieges ist die Vermutung aber etwas zu dünn.