Ein Diktator am Abgrund: Darum wird Putin scheitern
Die Teilmobilisierung zeigt, dass Putin nicht mehr viel Spielraum übrig hat.

Ein Diktator, der sich zunehmend in die Ecke gedrängt fühlt – den konnte beobachten, wer die Rede des russischen Präsidenten am Mittwoch verfolgte. Die wenigen Minuten in denen Putin eine Teilmobilisierung verkündete und das Land mal wieder auf einen Kampf gegen den Westen einschwor, offenbarten das grandiose Scheitern der „Spezialoperation“.
Die Teilmobilisierung wird keines der Probleme Russlands in der Ukraine lösen. Um die Reservisten im Krieg einsetzen zu können, müssen diese erst einmal trainiert werden. Zudem fehlt es der russischen Armee jetzt schon an grundlegender Ausstattung. Es gibt massenweise Berichte, dass Uniformen, Schutzwesten und sogar Schuhe fehlen.
Die Motivation der Soldaten, die freiwillig dort sind, ist bereits niedrig. Die zwangsrekrutierten Männer aus Moskau und St. Petersburg werden sich erst recht fragen, was sie im Nachbarland verloren haben. Die Bevölkerung der seit Februar besetzten Gebiete ist den Russen mehrheitlich feindselig gesinnt. Explosionen in Munitionslagern und Raketenschläge demoralisieren die Russen weiter. Für jeden kleinen Geländegewinn zahlen sie einen massiven Blutzoll.
Und so steigt mit jedem Zwangsrekruten und jedem Zinksarg, der aus der Ukraine zurückkommt, die Wahrscheinlichkeit von Protesten gegen den Krieg und gegen Putin. Nun kommt es einzig auf den längeren Atem an. Wenn Putin mit Atomschlägen droht und sagt, dass dies „kein Bluff“ sei, kann man beruhigt vom Gegenteil ausgehen.
Wer glaubt, Supermächte seien unbesiegbar, der hat die Lehren aus Afghanistan vergessen. Und damit ist nicht nur der westliche Rückzug 2021 gemeint. 1988 zog sich die Sowjetunion aus Afghanistan zurück. Kurz darauf war das rote Imperium Geschichte. Gut möglich, dass die Ukraine zu Putins Afghanistan wird.