Bunker und Sirenen: Katastrophenschutz-Chef will mehr Geld und Tempo beim Zivilschutz! Wie gut sind wir für Notfälle gerüstet?
Armin Schuster ist seit November 2020 Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), fordert in einem Interview mehr Tempo und Geld, um die Lücken zu schließen.

Putins Angriffskrieg in der Ukraine weckt auch hierzulande bei vielen Menschen große Ängste. Angst davor, dass der Krieg auch nach Deutschland kommt. Dass die Welt, wie wir sie kennen, sich dramatisch verändert. Und: Dass wir auf Katastrophen-Szenarien nicht gut vorbereitet sind.
Denn: Nicht nur der Krieg, auch Corona-Pandemie und Hochwasser in Westdeutschlands haben gezeigt, dass es staatliche Defizite im Zivilschutz gibt. Was tun? Armin Schuster ist seit November 2020 Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), fordert in einem Interview mehr Tempo und Geld, um die Lücken zu schließen.
Wie gut ist Deutschland für Katastrophenfälle vorbereitet?
Schon kurz nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Milliarden-Spritze für die Bundeswehr an. 100 Milliarden Euro sollen in die Verteidigung Deutschlands fließen – doch Verteidigung ist nicht alles.
Aber: Wird auch Geld in den Schutz der Zivilbevölkerung fließen? Das stehe noch nicht fest, sagt BBK-Chef Schuster. „Wobei der Zivilschutz natürlich auch elementarer Teil unserer Verteidigungsfähigkeit ist. Gesundheitsversorgung, Notstrom, Trinkwasser, Ernährung, Warnung, Selbstschutz der Bevölkerung, Ausstattung, Material und die Verteillogistik für die Versorgung einer großen Zahl von Verletzten, das gehört alles dazu.“
Eine Steigerung von um zehn Millionen Euro, so wie sie jetzt im Haushalt für 2022 für den Bevölkerungsschutz vorgesehen ist, reiche aber nicht aus. „Wir haben im regulären Haushalt Mehrinvestitionen von rund 135 Millionen Euro beantragt. Da geht es aber nicht um die Finanzierung einer Behörde, sondern um Investitionen in nationale Reserven, die Trinkwassersicherstellung, Sirenen und weitere Warnmittel, Verbesserung der Ausstattung und den CBRN-Schutz, also den Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren. Da geht es zum Beispiel auch um moderne Zivil- und Katastrophenschutz-Fahrzeuge und um unsere Zivilschutzhubschrauber.“
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Ein wichtiger Punkt, der viele Menschen beschäftigt, sind Schutzräume. Seit der Ankündigung des russischen Machthabers Wladimir Putin, er habe seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt, sind Anfragen zu Bunkern in Deutschland bei der Internet-Suchmaschine Google drastisch in die Höhe geschnellt. 2007 hätten Bund und Länder entschieden, das Schutzraumkonzept aufzugeben, sagt Schuster. Aber: Es solle jetzt sehr zügig eine Bestandsaufnahme vorgenommen werden.

„Wir entwickeln derzeit Konzepte, wie künftig ein effektiver baulicher Bevölkerungsschutz aussehen kann. Eine Umsetzung wird jedoch Zeit und viel Geld kosten“, sagt er. Viele hätten eine solche Bedrohungssituation für unwahrscheinlich gehalten. „Die Bundeswehr aber nicht und wir - bedingt durch die Aufgabe unseres Amtes - auch nicht. Insofern ändert sich nichts an den Szenarien, sondern eher an der Intensität der Vorbereitungen.“
Der gescheiterte Warntag soll bald wiederholt werden
Und wie wird die Bevölkerung gewarnt? Der erste bundesweite Warntag im September 2020 schlug in vielen Regionen etwa völlig fehl. Im Rahmen des Sirenenförderprogramms des Bundes sei es nun Aufgabe der Länder, Sirenen anzuschaffen, sagt Schuster. „Mit dem Programm haben wir einen wichtigen Impuls gesetzt und das Programm wird von den Ländern sehr gut angenommen. Einige Länder nehmen aber auch selbst noch mehr Geld in die Hand, um da voranzukommen, zum Beispiel Niedersachsen.“
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Schon bald solle der Warntag wiederholt werden, Schuster wünsche sich einen versuch in diesem Jahr. „Mein Wunsch ist, dass wir dann auch zum ersten Mal Cell Broadcast als Warnmittel testen.“ Über dieses System können Warn-Nachrichten an alle Mobilfunkgeräte innerhalb eines bestimmten Netzes gesendet werden.
Aber: Bürger könnten auch selbst vorsorgen, heißt es. „Ich rate allen Bürgerinnen und Bürgern dazu, die Ratgeber-Angebote des BBK zu nutzen. Jeder kann sich vorbereiten, beispielsweise was eine sinnvolle Ausstattung angeht für den Fall eines Stromausfalls oder anderer Notfälle“, sagt Schuster. „Nahrungsmittelreserven und Trinkwasser sollte jeder zu Hause haben.“ Hamstern sei dabei aber ausdrücklich nicht nötig – so ein Notvorrat (siehe dazu Kasten rechts) könne nach und nach angeschafft werden. Und: „Wir raten auch von einer Bevorratung mit Jod-Tabletten ab, denn dafür gibt es staatliche Reserven und eine Selbstmedikation ist gefährlich.“