Hilfskonferenz in Berlin
Kanzler Scholz will die Ukraine mit dem Ziel einer EU-Mitgliedschaft wieder aufbauen
Ukrainischer Ministerpräsident beziffert den Schaden seines Landes durch den Angriffskrieg der Russen auf 746 Milliarden Euro – bis jetzt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den Wiederaufbau der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft des Landes ausrichten, wenn der Krieg beendet ist. „Wenn wir die Ukraine wiederaufbauen, dann tun wir das mit dem Ziel der Ukraine als EU-Mitglied im Kopf“, sagte er am Montag auf einem Wirtschaftsforum in Berlin. Die Verkehrsverbindungen beispielsweise müssten so aufgebaut werden, dass das Land problemlos an die EU angebunden werden könne.
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Die Beitrittsperspektive solle auch als Signal an private Investoren verstanden werden. „Wer heute in den Wiederaufbau der Ukraine investiert, der investiert in ein künftiges EU-Mitgliedsland, das Teil sein wird unserer Rechtsgemeinschaft und unseres Binnenmarkts.“ Die EU hatte die Ukraine im Juni zusammen mit Moldau zum EU-Beitrittskandidaten erklärt. Der Beitrittsprozess kann aber viele Jahre dauern.
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Mehr als 2000 deutsche Unternehmen seien in der Ukraine aktiv, erklärte der Kanzler. Andere, die sich wegen des Kriegs zurückgezogen hatten, wollten so schnell wie möglich zurück. Scholz appellierte an die ukrainische Regierung, die Rahmenbedingungen für Investitionen ihrerseits weiter zu verbessern. Er nannte mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Transparenz und einen noch entschiedeneren Kampf gegen die Korruption.
Scholz sagte der Ukraine auch erneut weitere militärische Hilfe zu, insbesondere zum Schutz von Angriffen aus der Luft. Man werde die Ukraine so lange unterstützen wie es nötig sei, bekräftigte er.
Angesichts zerstörter Infrastruktur durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine bezeichnete Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Konferenz eine „akute Winterhilfe“ als oberste Priorität. Angesichts der verheerenden russischen Angriffe auf das Energiesystem gehe es zum Beispiel um Generatoren, Transformatoren und Netzreparaturen. „Das hat absoluten Vorrang.“
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Russland ziele darauf, mit diesen Angriffen die Ukraine weiter zu destabilisieren und die Menschen aus dem Land zu treiben. Er nannte außerdem militärische Unterstützung und die Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine, einen „Marshallplan“ für den Wiederaufbau der Ukraine und die Bedeutung von Reformen in der Ukraine.
Schließlich wäre es dringend notwendig, dass eine deutsche Wirtschaftsdelegation in die Ukraine fahre, sobald es dort wieder stabiler sei.
Wirtschaftsvertreter wollen Ukraine nicht im Stich lassen
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Peter Adrian, sagte, die deutsche Wirtschaft stehe an der Seite der Ukraine. Neben der akuten Nothilfe sei auch eine langfristige Perspektive notwendig. „Wir werden die Ukraine nicht im Stich lassen.“
Für den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft sagte der Vize-Vorsitzende Hans-Ulrich Engel, viele Firmen seien bereit, sich für den Wiederaufbau zu engagieren. Mit den Vorbereitungen könne nicht bis zum Ende des Krieges gewartet werden. Engel nannte als einen Schwerpunkt, die Strom-, Wärme- und Wasserversorgung wintertauglich aufzustellen.
Für Investitionen in der Ukraine bräuchten Firmen ein Sicherheitsnetz. Habeck verwies in diesem Zusammenhang auf bestehende staatliche Instrumente zur Exportabsicherung, dazu gebe es direkte Zuschüsse.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal versprach, die Bedingungen für schnelle Investitionen zu schaffen. „Die Ukraine braucht europäische Unternehmen für die Realisierung von mutigen Perspektiven.“ An die deutsche Regierung und die deutsche Bevölkerung gerichtet sagte er: „Sie geben uns die Möglichkeit zu überleben. Wir werden in diesem Krieg siegen.“
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Schmyhal bezifferte die Kosten des Wiederaufbaus auf nahezu 764 Milliarden Euro – nach derzeitigem Stand. Er hob aber auch die wirtschaftlichen Stärken seines Landes hervor. Er nannte unter anderem Gasvorkommen, IT-Infrastruktur und die Landwirtschaft.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte in einem Radiointerview, man müsse mit dem Wiederaufbau der Ukraine bereits jetzt zu beginnen. Millionen Menschen im Land brauchten ein Dach über dem Kopf, Strom und Wärme, damit sie in der Ukraine bleiben könnten.
„Man muss wahrscheinlich vieles parallel und gleichzeitig machen und auch damit rechnen, dass das ein oder andere wieder zerstört werden kann. Aber wichtig ist es ja, dass erstmal die Kinder weiter Schulen haben, dass das Krankenhaus vor Ort funktioniert, dass Strom, dass Wasser da ist. Und deswegen helfen wir auch jetzt schon in der Ukraine den Menschen, das wieder aufzubauen.“
Deutschland hat die Ukraine laut Schulze bereits mit 426 Millionen Euro unterstützt. Etwa 200 Millionen davon seien direkt an die Menschen vor Ort gegangen.
Das Entwicklungsministerium konkretisierte am Montag die Verwendung der bereits im Juli bei einer Konferenz in der Schweiz zugesagten 406 Millionen Euro Hilfsgelder für die Ukraine. Der Schwerpunkt soll auf der Versorgung binnenvertriebener Familien, der Reparatur von im Krieg zerstörter „kritischer Infrastruktur“ und der staatlichen Basisversorgung für die Bevölkerung liegen.
„Putins menschenverachtendes Kalkül ist, dass die Ukrainer im Winter bei Kälte und Dunkelheit ihre Kampfesmoral verlieren“, sagte Schulze bei der Konferenz. „Dem müssen wir uns entgegen stellen und die ukrainische Gesellschaft so stärken, dass sie in diesem schwierigen Winter den Mut nicht verliert. Diese Solidarität zeigt Putin, dass wir uns nicht spalten lassen.“
So soll Korruption bei Verwendung der Ukraine-Hilfe verhindert werden
Bezüglich der Korruptionsvorwürfe gegen die Ukraine sagte Schulze, die Hilfsgelder sollten in überschaubare Projekte auf kommunaler Ebene fließen. „Dann sieht man ganz genau: Ist das Geld verbaut worden? Steht da am Ende ein Gebäude, in das Menschen wieder einziehen können?“ Andernfalls werde das Geld nicht fließen, so Schulze.
Im weltweiten „Korruptions-Wahrnehmungsindex“ von Transparency International 2021 belegte die Ukraine Platz 122 von 180. Auf dem europäischen Kontinent steht nur Russland (Platz 136) schlechter da. Deutschland liegt auf Platz zehn.