Recherche der New York Times
Beweise verdichten sich: Russland sprengte wohl Staudamm in Ukraine
Indizien für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson der Ukraine lassen eigentlich nur noch Russland als Täter in Frage kommen.

Die Zerstörung des Staudammes am Stausee Kachowka hat die Welt erschüttert. Nun hat die New York Times einen neuen Bericht veröffentlicht, in dem Russland erneut beschuldigt wird, den Staudamm in die Luft gesprengt zu haben. „Die Beweise deuten eindeutig darauf hin, dass der Damm durch eine Explosion, die von der Seite, die ihn kontrolliert hat, ausgelöst wurde: Russland“, schreiben die Autoren.
Der Artikel der New York Times vom Freitag mit dem Titel „An Inside Job“ enthält eine eingehende Analyse des katastrophalen Zusammenbruchs des Kachowka-Wasserkraftwerks in der Südukraine. Die Zerstörung des Damms, der unter anderem für die Bewässerung riesiger Ackerflächen genutzt wird, hat auch zur Vertreibung Tausender von Menschen geführt und gefährdet die weltweite Nahrungsmittelversorgung von Millionen von Menschen und wird empfindliche Ökosysteme wohl auf Jahrzehnte hinaus stören.
Beweise für Sprengung verdichten sich
In den Monaten vor der mutmaßlichen Explosion war der Damm durch Angriffe bereits sichtbar beschädigt worden. Ukrainische Raketenschläge hatten einen Teil der Straße über den Damm beschädigt, und zurückweichende russische Truppen sprengten später einen weiteren Teil.
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Daher häuften sich nach der Sprengung Äußerungen, dass der Damm möglicherweise einfach kollabiert sein könnte. Doch wie der KURIER bereits berichtete, hatten Staudamm-Ingenieure des ukrainischen Betreiber Ukrhydroenergo darauf hingewiesen, dass die Staudämme in der Sowjetunion gebaut wurden, um sogar nuklearen Explosionen standzuhalten.

Kollaps des Betonfundamentes unwahrscheinlich
Von der Times interviewte Experten geben an, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Kollaps des Betonfundaments des Staudamms von selbst eintrat. Die Staumauern seien bis zu 40 Meter dick gewesen. Die wahrscheinlichste Ursache für den Einsturz war laut der Recherche eine Sprengladung, die in dem Wartungsgang platziert wurde, der mitten durch den Damms verlief.
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Diese Theorie wird durch Infrarot-Satellitenbildern und seismischen Aufzeichnungen gedeckt, die der New York Times vorliegen. Die möglichen Explosionen wurden um 2.35 Uhr und 2.54 Uhr Ortszeit registriert. Die Messung mit dem Infrarotgerät bewerten amerikanische Geheimdienstexperten als Explosion im Inneren des Damms.
Die genaue Abfolge der Ereignisse, die zur Zerstörung des Staudamms führten, kann jedoch erst nach einer vollständigen Untersuchung festgestellt werden, wenn das Wasser aus dem Stausee abgeflossen ist.

Anwohner hörten Geräusche
Anwohner in der Nähe des Staudamms, sowohl in den von Russland als auch in den von der Ukraine kontrollierten Gebieten, berichteten, dass sie in den frühen Morgenstunden des 6. Juni Explosionen und seltsame Geräusche gehört hätten. Diejenigen, die dem Damm am nächsten wohnten, erlebten den Wasseransturm beinahe unmittelbar.
Die genaue Zahl der Todesopfer durch die Überschwemmungen ist nach wie vor nicht bekannt. Insgesamt sind bisher offiziell 45 Menschen gestorben. 16 Personen wurden in den von der Ukraine kontrollierten Flutgebieten bisher gezählt. Auf der von Russland kontrollierten Seite soll es 29 Opfer geben. Die Behörden gehen davon aus, dass die Zahl mit dem Rückgang des Wassers noch weiter steigen wird.
Die New York Times zitiert einen Bewohner der von Russland besetzten Stadt Hola Pristan mit dem Namen Vasyl. Die meisten jungen Menschen hätten die Region bereits nach Beginn der russischen Invasion verlassen. Geblieben seien alte und gebrechliche Menschen. „Viele von ihnen ertranken, da sie ihre Häuser nicht verlassen oder auf die Dächer klettern konnten“, berichtet Vasyl der Times am Telefon.