Ein Tesla in Turbulenzen. Den Crash-Test beim Datenschutz jedenfalls dürfte Elon Musks E-Auto-Konzern vermasselt haben.
Ein Tesla in Turbulenzen. Den Crash-Test beim Datenschutz jedenfalls dürfte Elon Musks E-Auto-Konzern vermasselt haben. Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa

Es ist ein Debakel für 100.000 Tesla-Mitarbeiter, das Unternehmen selbst und seine Kunden: Es sieht so aus, als hätten mutmaßlich zwei vergnatzte Ex-Mitarbeiter persönliche Daten von aktuellen und ehemaligen Beschäftigten bis hin zu den Gehältern gekapert und an das Handelsblatt übermittelt – unter anderem wohl die Sozialversicherungsnummer von Elon Musk, dem Eigentümer. Auch sollen Kontaktdaten und Bankverbindungen von Kunden weitergeleitet worden sein.

Außerdem wurden Informationen aufgedeckt, die auf einen geheimniskrämerischen Umgang mit gefährlichen Pannen des Tesla-Autopiloten – und dessen mangelhafte Funktionsfähigkeit insgesamt – hindeuten.

23.000 Dateien mit einem Gesamtumfang von 100 Gigabyte wurden dem Handelsblatt geliefert. Darunter sollen neben Konstruktionsunterlagen auch Hinweise auf tausende Beschwerden von Kunden sein, die sich vorwiegend auf den Autopiloten bezogen hätten.

Der Tesla-Autopilot, der offenbar macht, was er will

Das System ist schon seit langem dafür berüchtigt, dass es den jeweiligen Wagen unvermittelt beschleunigt oder abbremst, wodurch es zu Unfällen kam.

Die gekaperten Unterlagen sollen nun darauf hindeuten, dass auf solche Beschwerden nicht schriftlich, sondern in der Regel nur telefonisch reagiert wurde, so dass es keine Belege über die Aussagen der Firma gegenüber den Kunden gibt.

Tesla verdächtigt einen ehemaligen Servicetechniker

Tesla teilte dem Handelsblatt mit, dass der Konzern einen Ex-Mitarbeiter verdächtige. Es sei ein „verärgerter ehemaliger Mitarbeiter“. Dieser habe „seinen Zugang als Servicetechniker missbraucht, um Informationen zu exfiltrieren“. Das Unternehmen will rechtliche Schritte gegen den von ihm verdächtigten Ex-Mitarbeiter einleiten.

Das Online-Fachmagazin teslamag.de weißt darauf hin, dass es zwei Whistleblower gegeben haben müsse. Einen, der bereits 2022 erstes Material zu Prüfzwecken an die Zeitung übergeben habe, und einen zweiten, der den Reportern gezeigt haben soll, wie man in die Tesla-Datenbanken hineinkommt.

Die brandenburgische Landesdatenschützerin Dagmar Hartge geht inzwischen Hinweisen nach, wonach bei Tesla sensible Informationen nicht ausreichend geschützt worden sein könnten.  „Sollte sich dies als zutreffend erweisen, wäre die Angelegenheit aus datenschutzrechtlicher Sicht auch wegen der großen Zahl der weltweit betroffenen Personen besonders schwerwiegend“, sagte ein Behördensprecher.

Brandenburgs Datenschützer ermitteln wegen des Daten-Lecks

Hartge ist zuständig, weil Tesla in Grünheide bei Berlin sein bisher einziges E-Auto-Werk in Europa gebaut hat. Der Sprecher erklärte außerdem, bei den betroffenen Mitarbeitern handele es sich nicht nur um Beschäftigte in Grünheide, sondern auch an anderen deutschen und europäischen Standorten.

Den Recherchen zufolge soll einer der Informanten bereits im April an die Behörde herangetreten sein, aus seiner Besorgnis heraus, „weil diese Daten auch in China oder Russland zugänglich sind“.

Angesichts dieser internationalen Dimension sei auch die Datenschutz-Aufsichtsbehörde in den Niederlanden informiert worden, wo Tesla seine Europazentrale hat.

Der Spiegel weist darauf hin, dass der Vorfall für Elon Musk nicht nur ein Image-Problem einbringen dürfte, zusätzlich zum  kürzlichen Twitter-Debakel im US-Wahlkampf. Er kann ihn auch teuer kommen. Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung sieht bei Verstößen gegen den Datenschutz Bußgelder bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens vor. Bei Tesla wären das für 2022 bis zu 3,26 Milliarden Dollar.

Die zuständige Gewerkschaft  findet den ganzen Vorgang nach den Worten Dirk Schulzes von der IG Metall Brandenburg „beunruhigend“. Die Konzernspitze müsse die Beschäftigten „sofort“ und „umfänglich“ über die Verletzungen ihrer Datenschutzrechte aufklären.

Schulze warb laut Handelsblatt auch für die IG Metall, die bisher nicht viele Beschäftigte in Grünheide habe gewinnen können. Es mangele im Unternehmen offenbar an einer Kultur, in der Beschäftigte ohne Angst Probleme ansprechen könnten. „Selbstbewusste und gewerkschaftlich organisierte Belegschaften können am besten selbst dafür sorgen, dass ihre Rechte gewahrt bleiben.“

Im Netz können Tesla-Kunden und -Mitarbeiter prüfen, ob ihre Daten verraten wurden

Das Handelsblatt hat eine Internet-Seite bereitgestellt, über die Mitarbeiter und Tesla-Eigentümer abfragen können, ob sie vom Datenleck betroffen sind. teslamag.de schrieb, ein Redaktionsmitglied mit Tesla habe seine Daten bereits entdeckt.

Ein Anwalt des US-Unternehmens hat vom Handelsblatt verlangt, dem Konzern eine Kopie der Unterlagen zu übersenden und anschließend „alle anderen Kopien unverzüglich zu löschen“.