Containerschiffe am Hamburger Hafen - die Importe aus China steigen ungebremst an.
Containerschiffe am Hamburger Hafen - die Importe aus China steigen ungebremst an. imago/Chris Emil Janssen

Die Sanktionen des Westens wegen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine haben gezeigt, welche verheerenden Folgen die einseitige Abhängigkeit Deutschlands von Moskau im Energiesektor hatte.

Seitdem sieht die Bundesregierung auch die Wirtschaftskontakte zu China kritisch, doch die Verflechtungen mit dem Reich der Mitte werden offensichtlich immer enger statt kleiner. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge ist die deutsche Wirtschaft so abhängig von China wie nie zuvor.

Importe aus China schnellten 2022 hoch

Im vergangenen Jahr wuchs das Handelsdefizit mit der Volksrepublik auf mehr als 84 Milliarden Euro an. Damit hat es sich im Vergleich zum Vorjahr des Ukrainekriegs sogar mehr als verdoppelt, rechnet das IW vor. 2021 betrug der Unterschied zwischen Exporten nach China und Importen aus dem Land demnach noch 39,4 Milliarden Euro.

Grund für das „außergewöhnlich“ hohe Wachstum sind die Warenimporte: Sie stiegen 2022 um über 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Im Handel mit allen Ländern lag das Wachstum der Importe bei 24 Prozent.

Nur China macht sich unabhängiger

Dabei braucht Deutschland die Waren aus China weit dringender, als umgekehrt. Die Exporte nach China legten nämlich nur um drei Prozent zu – die Ausfuhren in die Welt insgesamt stiegen um 14 Prozent an. China fiel damit von Rang zwei auf vier der wichtigsten deutschen Exportpartner; sein Exportanteil sank mit 6,8 Prozent unter das Niveau von 2018, erklärte das IW.

Deutschland wäre im Fall eines Taiwan-Kriegs erpressbar

Vor der Corona-Pandemie hatte sich das Handelsdefizit mit China laut IW meist im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich bewegt. „Der starke Anstieg im vergangenen Jahr dürfte ein Zeichen dafür sein, dass die Entwicklung nicht nur Corona-bedingt war, sondern länger anhält“, erklärte China-Experte Jürgen Matthes vom IW. Deutschland macht sich also mit jedem Tag abhängiger von China als sich wie geplant abzukoppeln und den Kreis der Handelspartner zu erweitern. „Diese Entwicklung ist höchst problematisch. Unsere importseitige Abhängigkeit ist ein geopolitisches Risiko.“ Im Falle eines bewaffneten Konflikts um Taiwan wäre die deutsche Wirtschaft erpressbar, erläuterte Matthes.

Laut IW sprechen vor allem drei Gründe dafür, dass China die Entwicklung politisch mitgesteuert hat - und dass sie langfristig angelegt ist. China biete erstens auch aufgrund massiver staatlicher Subventionen billig an. Der Kostendruck der Energiekrise dürfte deutsche Firmen hierzulande nun stärker dazu veranlassen, auf günstige chinesische Vorleistungen statt auf teurere deutsche zu setzen. Generell versuche China zweitens aus geostrategischen Gründen, sich unabhängiger von Importen aus dem Westen zu machen und mehr im eigenen Land zu produzieren und erschwere daher Importe immer mehr.

Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft rät dringend, sich von China zu emanzipieren.
Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft rät dringend, sich von China zu emanzipieren. imago/Metodi Popow

Drittens übe die chinesische Regierung immer mehr politischen Druck auf deutsche Tochterunternehmen in China aus, chinesische Unternehmen in ihre Lieferketten einzubinden. Zudem wollten die deutschen Firmen in China den Markt zunehmend mit Produktion vor Ort statt mit Exporten bedienen. Beides schwäche die deutschen Exportperspektiven. „Wir müssen Wege finden, um uns von China zu emanzipieren", mahnt Matthes. Berlin und Brüssel sollten den Handel mit neuen Partnern in Asien oder Südamerika „dringend“ erleichtern.