Streit ums Bürgergeld: Union will erst einmal nur die Hartz-IV-Sätze erhöhen
Unions-Chef Friedrich Merz will Verhandlungen mit der Ampel, und statt des Bürgergelds zum 1. Januar erst einmal Hartz-IV erhöhen

Im Streit um das Bürgergeld, das die Ampel-Koalition zum 1. Januar als Hartz-IV-Ersatz einführen will und das von der Union in der geplanten Form abgelehnt wird, hat Unions-Fraktionschef Friedrich Merz eine Art Übergangslösung angeboten: Zunächst sollen die Hartz-IV-Sätze angehoben werden. Merz brachte in den CDU-Parteivorstand und den CDU/CSU-Fraktionsvorstand ein, „dass wir der Bundesregierung anbieten, noch in dieser Woche einen verbindlichen Beschluss des Bundestages über die Anhebung der Regelsätze zu treffen“. Der Vorschlag wurde von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) umgehend zurückgewiesen.
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Er wolle „ein bisschen die Schärfe aus dieser Diskussion“ herausnehmen, hatte Merz am späten Sonntagabend in den ARD-Tagesthemen gesagt. Wenn der Vorschlag von der Ampel akzeptiert werde, müsse man noch einmal über das Bürgergeld diskutieren.
Heil sagte zu Merz' Vorstoß, in den vergangenen Tagen habe sich die Union immer beklagt, dass der Abstand zwischen Bürgergeld und Löhnen nicht groß genug sei. Jetzt wechsele sie den Zusammenhang und wolle nur das Geld erhöhen.
Zentraler Kritikpunkt der Union am Bürgergeld: Das „Schonvermögen“
Der Union passt unter anderem nicht, dass Bürgergeld-Berechtigte ein eventuell vorhandenes Vermögen zwei Jahre lang nicht für ihren Lebensunterhalt heranziehen müssen: 60.000 Euro für Alleinstehende, bei Familien 30.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft. CDU/CSU haben bei ihrer Ablehnung hier den Deutschen Städtetag an ihrer Seite.
Nicht akzeptieren will die Union auch, dass Bürgergeld-Bezieher zwei Jahre lang die Miete bezahlt bekommen sollen, auch wenn die Wohnung zu teuer und zu groß ist. Die Ampel hat bereits auf Kritik reagiert: Heizkosten sollen nicht mehr unbegrenzt übernommen werden, um auch Bürgergeld-Empfänger zum Sparen anzuhalten.
Das hat die Union noch nicht zufriedengestellt, die unter anderem wegen heruntergefahrener Sanktionen beim Bürgergeld kritisiert, dass damit auch der Anreiz schrumpfe, Arbeit aufzunehmen.
Die unionsgeführten Bundesländer können das Bürgergeld-Gesetz, das am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden soll, im Bundesrat stoppen.
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch hielt der Union in dem Streit „Schäbigkeit“ vor. „Wir haben als Ampel unseren Gesetzentwurf zum Bürgergeld angepasst, haben auf Kritik reagiert und sind mit ausgestreckter Hand auf die Union zugegangen“, sagte Audretsch in einem Interview.
Arbeitsminister Heil wirft der CSU eine Vergiftung der Debatte vor
Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wies erneut Kritik an dem Vorhaben zurück. Er griff in einem Interview vor allem die CSU an an. „Es ist ganz offensichtlich, dass vor allem die CSU im Netz mit falschen Zahlen argumentiert hat.“ Das sei für eine politische Debatte Gift. Im Übrigen sei klar, dass sich Arbeit auch nach der Einführung des Bürgergeldes lohne. „Wir haben dafür den Mindestlohn erhöht, wir haben das Kindergeld und das Wohngeld, das erhöht wird. Wir haben also einen Lohnabstand.“
Heil spielte darauf an, dass speziell die CSU behaupte, Bürgergeld-Empfänger hätten am Ende genauso viel wie Niedrigverdiener, dabei aber deren Möglichkeiten zum staatlichen Aufstocken ihres Lohns unterschlug..
Sollte es bis zur nächsten Bundesratssitzung am 25. November keine Einigung geben, muss der Vermittlungsausschuss mit je 16 Vertretern aus Bundestag und Bundesrat ran und einen Kompromiss suchen. Das dürfte es schwierig machen, das Bürgergeld wie geplant am 1. Januar zu starten.

Es soll die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Offizielles Ziel ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Regelsätze sollen dabei steigen. So sollen beispielsweise Alleinstehende neben Miete, Kranken- und Rentenversicherung und einem Teil der Heizkosten 502 statt 449 Euro im Monat erhalten.