Im April 2015 standen die Züge auch schon still, weil die Lokführer streikten.
Im April 2015 standen die Züge auch schon still, weil die Lokführer streikten. Foto: dpa/Paul Zinken

Na, toll: Wenige Wochen vor dem Beginn der Sommerferien kündigt die Lokführergewerkschaft GDL die „Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen“ an. Das bedeutet: Es wird gestreikt! Zuvor waren Tarifverhandlungen zwischen den Arbeitnehmern und der Deutschen Bahn gescheitert. Wann die Lokführer ihre Arbeit niederlegen werden, um für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen zu streiken, ist noch unklar.  

Auch die vierte Verhandlungsrunde hatte am Montag keine Einigung gebracht. „Wir wollten verhandeln und eine Einigung erzielen, doch die DB hat sich erneut verweigert“, erklärte GDL-Gewerkschaftschef Claus Weselsky. Er warf der Bahn vor, die Arbeitsbedingungen des Zugpersonals verschlechtern zu wollen und in anderslautenden Aussagen zu lügen.

Kommt es zum Warnstreik, wäre es der erste bei der Bahn seit Dezember 2018, als die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Die letzte Streikwelle der GDL ist sechs Jahre her.

Die Bahn hatte die Eskalation nach dem ergebnislosen Gespräch in Berlin schon kommen sehen. Nach dem Treffen kritisierte Seiler, die Gewerkschaft ziele auf Konfrontation um jeden Preis. Die GDL nehme bewusst Schaden für die Kunden in Kauf. Der Konzern sei dagegen weiter gesprächsbereit.

Weil 2015 auch die S-Bahn-Fahrer streikten, war die BVG völlig überfüllt.
Weil 2015 auch die S-Bahn-Fahrer streikten, war die BVG völlig überfüllt. Foto: imago/Schöning

Die Bahn hatte nach eigenen Angaben am Montag einen Tarifabschluss vorgeschlagen, der den Beschäftigten Einkommenssteigerungen wie im Öffentlichen Dienst im Bereich Flughäfen gebracht hätte. Die Vertragsparteien im Öffentlichen Dienst hatten sich im Herbst auf Lohn- und Gehaltssteigerungen von 3,2 Prozent bei einer Laufzeit von 28 Monaten geeinigt. Wegen des Verkehrseinbruchs gelten an Flughäfen jedoch Sonderregeln mit verzögerten Tarifsteigerungen, verringerter Arbeitszeit und einer Aussetzung leistungsorientierter Bezahlung.

Die Lokführergewerkschaft habe sich jedoch geweigert, über Spielräume und Lösungen zu sprechen. Sie beharrt auf deutlich höheren Forderungen, auch wenn die 4,8 Prozent mehr Lohn, die sie am Anfang der Verhandlungen gefordert hatte, laut Bahn nicht mehr genannt worden sein sollen.

5,7 Milliarden Euro Verlust der  Bahn

Die Bahn macht Milliardenverluste – im vergangenen Jahr waren es wegen Corona 5,7 Milliarden Euro. Im September schnürte sie deshalb ein Tarifpaket mit ihrer größten Gewerkschaft, der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft. Ab Anfang 2022 erhalten die Beschäftigten 1,5 Prozent mehr Geld. Bis Ende 2023 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

Nach der Lockerung der Corona-Regeln nimmt das Geschäft des bundeseigenen Unternehmens gerade wieder Fahrt auf. Im Regionalverkehr fahre man das volle Angebot, im Fernverkehr nahezu 100 Prozent, sagte Seiler. „Die Buchungen ziehen wieder an, das ist schön.“ Umso wichtiger sei es, dass die GDL ihren solidarischen Beitrag leiste.

Hinter der Eskalation steckt, dass die GDL gegenüber der größeren EVG Boden gutmachen will. Beide Gewerkschaften erheben den Anspruch erheben, für fast alle 185.000 in Deutschland Beschäftigten beim Schienenpersonal zu verhandeln.

Die Bahn muss aber das Tarifeinheitsgesetz anwenden. Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Die Bahn behauptet, die GDL habe nur bei wenigen ihrer Einzelbetriebe die Mehrheit. Die Gewerkschaft bestreitet das, klagt gegen diese Einschätzung.

In vergangenen Tarifrunden konnten sich die  Bahn-Mitarbeiter über teils deutlich höhere Einkommenssteigerungen freuen. Die GDL lehnte es ab, an den Verhandlungen teilzunehmen. Eine Schlichtung im Herbst scheiterte. Nach dem Auslaufen des Tarifvertrags Ende Februar begann die neue Verhandlungsrunde.