Polen: Ein Land im Kampfmodus
Amtsinhaber Andrzej Duda und sein Herausforderer Rafal Trzaskowski liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Die Präsidenten-Stichwahl am Sonntag in Polen könnte zum spannenden Krimi werden: Amtsinhaber Andrzej Duda und sein Herausforderer Rafal Trzaskowski liegen laut Umfragen fast gleichauf. Den Ausschlag könnten die unentschiedenen Wähler geben. Will Duda mit antideutschen Tönen die entscheidenden Stimmen gewinnen?
Laut der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ibris im Auftrag der Zeitung „Rzeczpospolita“ liegt der oppositionelle Warschauer Oberbürgermeister Trzaskowski (Bürgerplattform/PO) mit 45,3 Prozent der Stimmen knapp vor Duda aus den Reihen der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, der auf 44,4 Prozent kommt. Nach einer anderen Befragung kann Duda dagegen mit 47 Prozent der Stimmen rechnen, Trzaskowski mit 46 Prozent.

Beide Kandidaten sind 48 Jahre alt, haben einen Doktortitel und Familie. Doch da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Das Duell zwischen Duda und Trzaskowski ist das vierte seit 2005, bei dem sich ein Kandidat der PiS und ein Bewerber der Liberalkonservativen gegenüberstehen. Der Kampf der beiden Lager ist seitdem immer erbitterter geworden. Schon im ersten Wahlgang lag die Beteiligung bei 61,7 Prozent - in der zweiten Runde dürfte sie noch höher liegen. Die Frage ist nur, wer davon am Ende profitiert.
Duda punktet als volksnaher Präsident auf dem Land und im konservativen, katholisch geprägten Süden und Osten. Trzaskowski, ein smarter Typ mit Drei-Tage-Bart und Studienerfahrung in Oxford und Paris, in den Großstädten, im Norden und Westen. Der Wähler entscheide, ob im Präsidentenpalast ein unabhängiger Präsident sitzen werde, „oder einer, der nachts Anrufe des Parteivorsitzenden annimmt, um im Geheimen alle Gesetze zu unterschreiben, die dieser ihm vorlegt“, gab sich Trzaskowski bei einer seiner letzten Wahlkampf-Auftritte im niederschlesischen Oborniki Slaskie kämpferisch und spielte auf PiS-Chef Chef Jaroslaw Kaczynski an. Weil Duda von seinem Veto-Recht als Präsident wenig Gebrauch machte, nennen politische Gegner ihn „Kaczynskis Kugelschreiber“. Als Hoffnungsträger vieler liberal denkender Polen hat Trzaskowski angekündigt, als Präsident die umstrittenen Justizreformen der PiS rückgängig zu machen. Er könnte der Regierung auch mit einem Veto gegen Gesetzesvorlagen das Leben schwer machen.

Doch auch Duda zieht im Wahlkampf-Endspurt alle Register: Lautstark zählt er die Sozialleistungen auf, die die PiS-Regierung eingeführt hat: Kindergeld, eine 13. Rentenzahlung, Mehrwertsteuer-Senkung. Duda sagt, was für ihn zählt: „Die Familie, die Familie, nochmals die Familie“. Deshalb wolle er in der Verfassung verankern, dass Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare verboten wird. Und auch auf antideutsche Töne setzte der Amtsinhaber. Am Mittwoch hatte das Außenministerium in Warschau den Geschäftsträger der deutschen Botschaft einbestellt, wegen „Manipulationen und der einseitigen Bewertung, die in einer Serie von Artikeln deutscher Medien sowie polnischer Medien mit deutscher Kapitalbeteiligung zutage getreten“ seien. Es sei der Eindruck entstanden, dass diese Medien bei der Wahl eine Seite unterstützen wollten.
Auch kurz vor der Abstimmung sind laut Ibris-Umfrage noch zehn Prozent der Wähler unentschlossen, bei welchem Namen sie am Sonntag ihr Kreuz machen werden. Bei dem knappen Rennen könnten am Ende 200.000 bis 400.000 Stimmen den Ausschlag dafür geben, wer die kommenden fünf Jahre Polens Staatsoberhaupt sein wird.