Mehr Reiche, weniger Steuerprüfung
So verschonen die Finanzämter Deutschlands Millionäre
Exklusive Zahlen zeigen: Die Zahl der Wohlhabenden in Berlin und Deutschland steigt. Die Zahl der Steuerprüfungen sinkt. Die Linke sieht darin Arbeitsverweigerung.

Es gibt immer mehr sogenannte Einkommensmillionäre in Deutschland. Und sie müssen immer seltener befürchten, dass ihr zuständiges Finanzamt ihre Steuererklärung überprüft. Im Jahr 2020 führten die Finanzbehörden bundesweit 909 Überprüfungen von „Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften durch“. Das geht aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Linke-Abgeordneten Gesine Lötzsch hervor, die der Berliner Zeitung vorliegt.
Die Zahl dieser Überprüfungen ist damit seit 2013 kontinuierlich um rund ein Drittel gesunken. Allerdings ist die Zahl der Einkommensmillionäre im selben Zeitraum um die Hälfte gestiegen, von 9991 auf 15.133. Mussten die Wohlhabenden vor einiger Zeit noch rund alle sieben Jahre mit einer Überprüfung rechnen, so hat sich dieses Intervall seither also mehr als verdoppelt.
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Gerade reichere Bundesländer seien zurückhaltend darin, ihre Steuern einzutreiben, sagte Lötzsch der Berliner Zeitung. „Für mich ist das ein Fall von Arbeitsverweigerung, um Einkommensmillionäre zu schonen. Wenn Bundesländer ihrer Pflicht nicht nachkommen, Steuern einzutreiben, dann sollte das Bundeszentralamt für Steuern diese Aufgabe übernehmen.“
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Wenn kontrolliert wurde, mussten im Schnitt 312.000 Euro nachgezahlt werden
Als „Steuerpflichtige mit bedeutenden Einkünften“ gelten in Deutschland Personen mit einem Einkommen von mehr als 500.000 Euro im Jahr, das aus nicht selbstständiger Arbeit sowie aus Kapitaleinkünften oder Vermietung stammt.
Die Einkünfte dieser Gruppe sind beträchtlich, das zeigen die Ergebnisse der Steuerüberprüfungen, die das Finanzministerium ebenfalls mitteilte. In 679 Fällen wurden im vorigen Jahr Nachzahlungen fällig, diese beliefen sich im Schnitt auf rund 312.000 Euro. Wegen der sinkenden Zahl der Überprüfungen ist die Summe der Mehreinnahmen für den Staat seit 2013 dennoch um fast 60 Millionen Euro auf 212 Millionen gesunken.
Auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP, Otto Fricke, kritisierte diese Entwicklung. „Steuern sind zu bezahlen“, sagte er der Berliner Zeitung. Die Länder hätten inzwischen höhere Steuereinnahmen als der Bund – und sie hätten die finanziellen Möglichkeiten, ihre Verwaltungen besser auszustatten.
Zahl der Überprüfungen stagniert auch in Berlin
Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sagte der Berliner Zeitung, die Steuerverwaltung brauche insgesamt mehr Personal. „Die Überprüfungen werden wegen der internationalen Verflechtungen immer komplexer“, erklärte er. „Die meisten Wohlhabenden haben ihr Geld ja nicht auf dem Sparbuch, sondern sie investieren es häufig im Ausland.“ Jede Investition in mehr Personal lohne sich, betonte Eigenthaler. Jeder Mitarbeiter im Innendienst brächte dem Staat jährliche Mehreinnahmen von mehr als 350.000 Euro, Steuerfahnder kämen auf mehr als eine Million.
In Berlin lässt die rot-rot-grüne Koalition seit ihrem Antritt im Jahr 2016 die Steuererklärungen der Wohlhabenden intensiver prüfen. Gab es Mitte des Jahrzehnts nur rund ein Dutzend Überprüfungen pro Jahr, so sind es inzwischen mehr als sechzig. Allerdings stagniert diese Zahl, während die Zahl der Wohlhabenden deutlich gestiegen ist. 2016 gab es 489 Einkommensmillionäre in Berlin – 2019 waren es bereits 749.