Trotz Angriffskrieg

SPD-Skandal: Bekommt Putin-Freund Gerhard Schröder eine Auszeichnung?

In der SPD rumort es. Ex-Bundeskanzler und Putin-Kumpane Gerhard Schröder soll für seine langjährige Mitgliedschaft ausgezeichnet werden.

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Gerhard Schröder steht wegen seiner Kontakte nach Russland stark in der Kritik.
Gerhard Schröder steht wegen seiner Kontakte nach Russland stark in der Kritik.Dmitry Astakhov/IZVESTIA/epa/dpa/Archivbild

Empörung in der Führung der Sozialdemokraten: Die Führung der Bundes-SPD ist über die geplante Ehrung des wegen seiner Russland-Kontakte in der Kritik stehenden Altkanzlers Gerhard Schröder für die 60-jährige Parteimitgliedschaft verwundert. „Die Ehrung beruht auf einer Entscheidung des SPD-Bezirks Hannover“, sagte SPD-Schatzmeister und Vorstandsmitglied Dietmar Nietan am Mittwoch dem „Tagesspiegel“.

Der SPD-Parteivorstand ehre Schröder jedenfalls nicht. „Ich würde mich im Parteivorstand auch gegen eine solche Ehrung aussprechen“, ergänzte Nietan.

SPD droht zusätzlicher Dämpfer vor wichtigen Landtagswahlen

Wie die Zeitung unter Verweis auf Parteikreise berichtete, herrscht in der SPD-Führung Verärgerung über die am 27. Oktober geplante Ehrung Schröders. Vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober, wo der SPD schlechte Ergebnisse drohen, wird befürchtet, dass das Vorhaben weiteren Schaden anrichte. Die wahlkämpfenden SPD-Landesverbände Bayern und Hessen wollten die Ehrung deshalb laut „Tagesspiegel“ zunächst nicht kommentieren.

Die Ehrung Schröders sorgt schon länger für parteiinternen Streit: Der zuständige Ortsverein Hannover-Oststadt-Zoo hatte sich nicht auf eine Ehrung Schröders einigen können, diese übernimmt nun der Bezirksverband Hannover. Einen größeren offiziellen Festakt - wie von den Richtlinien der Partei vorgesehen - wird es jedoch nicht geben, stattdessen eine nicht öffentliche Jubiläums-Feier mit rund 50 Gästen.

Gerhard Schröder hat sich nach dem Beginn der großflächigen russischen Invasion in der Ukraine nicht von seinem Freund Wladimir Putin distanziert.
Gerhard Schröder hat sich nach dem Beginn der großflächigen russischen Invasion in der Ukraine nicht von seinem Freund Wladimir Putin distanziert.Alexei Druzhinin/POOL SPUTNIK KREMLIN via AP/dpa

SPD-Vorsitzende Klingbeil und Esken müssen unterschreiben

Demnach soll Schröder eine Urkunde sowie eine Anstecknadel erhalten. Auf den Urkunden seien vorab auch die Unterschriften der Parteivorsitzenden, Saskia Esken und Lars Klingbeil, enthalten. Esken hatte Schröder wegen dessen Nähe zu Russland vor Monaten nahegelegt, aus der Partei auszutreten.

Der SPD-Bezirk Hannover weigerte sich, dem „Tagesspiegel“ die Namen der geladenen Gäste zu nennen. Der Bezirk verwies demnach auf „Datenschutzgründe“, weshalb „keine Einzelheiten“ mitgeteilt würden. Geehrt werden soll der 79-Jährige nach Informationen der Zeitung im Kurt-Schumacher-Haus, dem Sitz des SPD-Bezirks.

Keine Kritik vom Parteigenossen

Die Laudatio soll der ehemalige Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) halten. Dieser verteidigte die geplante Ehrung: „Wir wollen Gerhard Schröder ehren für das, was er als Ministerpräsident in Niedersachsen, auch für Hannover, und als Bundeskanzler geleistet hat“, sagte Schmalsieg dem „Tagesspiegel“.

Schröder habe „sehr, sehr große Verdienste, die ich in einer umfassenden Laudatio erwähnen werde“, sagte er weiter. Natürlich habe Schröder den Krieg Russlands verurteilt. Dass er seine Aufgabe für Gazprom nicht sofort ruhen ließ, sei ein Fehler gewesen. „Aber das ist noch lange kein Grund, einen früheren Bundeskanzler zu isolieren“, ergänzte der SPD-Politiker.

Gerhard Schröder steht mit dem Ex-Stasioffizier und späterem Nordstream Geschäftsführer Matthias Warnig 2014 in St. Petersburg vor einem Hotel.
Gerhard Schröder steht mit dem Ex-Stasioffizier und späterem Nordstream Geschäftsführer Matthias Warnig 2014 in St. Petersburg vor einem Hotel.Anatoly Maltsev/EPA/dpa

Die Moskau-Connection der Niedersachsen-SPD

‚Dass Schmalstieg keine Kritik äußert, war dabei jedoch zu erwarten. So stand Hannovers Ex-OB viele Jahre in enger Verbundenheit mit seinem Parteigenossen. Schmalstieg gehört zum engen Kreis an Schröder-Unterstützern, die vor allem in der niedersächsischen Landeshauptstadt ansässig waren, in der auch Schröder zuvor Oberbürgermeister und Ministerpräsident war. Die Verstrickungen zu denen auch viele andere vor allem aus der niedersächsischen SPD gehörten, hatten die Journalisten Reinhard Bingener und Markus Wehner in dem Buch „Die Moskau-Connection“ minutiös aufgearbeitet. Viele der genannten Personen aus dem Buch haben auch weiter erheblichen Einfluss in der SPD und in großen Teilen der deutschen Witschaft.‘

Doch es gibt auch bei den Sozialdemokraten heftigen Widerstand gegen den Ex-Kanzler. Gerhard Schröder steht dabei nicht nur wegen seiner Lobbytätigkeit für russische Energiekonzerne und seiner persönlichen Nähe zu Präsident Wladimir Putin in der Kritik. Ein von zahlreichen Ortsvereinen angestrebter Parteiausschluss des Politikers scheitere im Mai endgültig: Die Bundesschiedskommission der SPD billigte die Ablehnung des Ansinnens durch die Vorinstanzen und bestätigte damit die Mitgliedschaft des 1963 in die Partei eingetretenen Schröders.