„Seltene Erden“ sind weder selten noch Erde, aber unglaublich wichtig für die Energiewende
Die Förderung Seltener Erden ist oft mit Umweltschädigung verbunden. Dabei werden sie für den Umweltschutz gebraucht

Seltene Erden sind essentiell für die Energiewende. Denn sie stecken zum Beispiel in wichtigen Bauteilen für Windräder und Elektroautos. Seltene Erden zu gewinnen war bisher jedoch oft ein schmutziges Geschäft auf Kosten der Umwelt, noch immer beherrscht China den Weltmarkt und sitzt bei Exporten und Preisen am langen Hebel. Das soll sich ändern.
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Seltene Erden sind, anders als der Name vermittelt, silberfarbene, relativ weiche Metalle, bestehen aus den chemischen Elementen mit so schönen Namen wie Yttrium, Promethium, Samarium, Gadolinium, Dysprosium oder Lutetium. Sie müssen in mehrstufigen Verfahren aus abgebauten Erzen gewonnen werden. Die Endprodukte heißen Seltenerd-Oxid und Seltenerd-Metall.
Seltene Erden sind essentieller Bestandteil vieler moderner Gerätschaften
Sie sind zum Beispiel Bestandteile leistungsfähiger Windrad-Turbinen, Elektromotoren und Energiesparlampen, stecken aber auch in Festplatten, Flachbild-Fernsehern, Lasern und Glasfaserkabeln. In der Medizin spielen sie bei Röntgentechnik und Kernspintomographie eine Rolle. Nicht zuletzt braucht sie auch die Rüstungsindustrie.
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Von den geschätzt bis zu 200 Mineralien mit Seltenen Erden werden bisher nur wenige abgebaut. Entscheidend für eine Wirtschaftlichkeit ist die Konzentration der Metalle in den Erzen. Denn wirklich selten sind die Metalle nicht, manche kommen sogar häufiger vor als Kupfer oder Blei. Rar sind jedoch große Erzlagerstätten mit einer ausreichend hohen Konzentration. Die größten Förderer sind Marktführer China (210.000 Tonnen), gefolgt von den USA (43.000 Tonnen) und Australien (18.000 Tonnen).
Deutsche Vorkommen lohnen den Abbau Seltener Erden bisher nicht
Weitere Minen gibt es unter anderem in Russland, Thailand, Myanmar, Indien, Vietnam, Madagaskar, Brasilien und Kanada. In Deutschland sind Vorkommen in Sachsen bekannt. Die Konzentration der Metalle im Erz gilt aber bislang als zu gering, um für eine Förderung rentabel zu sein.

Im Januar meldete Schweden einen größeren geeigneten Erzfund in der Bergbauregion Kiruna im Norden. Genehmigungsverfahren und Prüfungen könnten aber noch 10 bis 15 Jahren dauern, heißt es vom staatlichen Minen-Betreiber. Die Menge von mehr als einer Million Tonnen an Seltenerd-Oxiden werde dann ausreichen, um einen Großteil der künftigen EU-Nachfrage für die Herstellung von Dauermagneten für Elektromotoren und Windkraftanlagen zu decken.
Die Europäische Kommission zählt Seltene Erden zu den Rohstoffen mit dem höchsten Versorgungsrisiko. Der weltweite Bedarf wird Schätzungen zufolge von 131.500 Tonnen im Jahr 2020 auf 188.300 Tonnen im Jahr 2030 steigen, und zwar nur dafür, um Klimaziele mit Hilfe von Windkraft und Elektroautos zu erreichen. Noch im ersten Quartal 2023 will die EU-Kommission eine Initiative beschließen mit dem Ziel, die Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen zu verbessern.

Wirtschaftsforscher empfehlen der EU, weniger Seltene Erden aus China zu beziehen
Nach einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommen 94 Prozent der EU-Importe von Seltenen Erden aus „politisch kritischen“ Ländern, allen voran China. Die Volksrepublik hat bei Abbau und Weiterverarbeitung den Weltmarkt in der Hand. Das DIW empfiehlt, lieber Quellen in Indien oder Brasilien zu nutzen.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften listet mögliche Gefahren bei der stufenweisen Gewinnung und Aufbereitung Seltener Erden auf. Dazu zählen beim Abbau unter anderem giftiger Staub und radioaktiv belastete Rückstände gegebenenfalls wegen Uran oder Thorium im abgebauten Erz.
Bei der Weiterverarbeitung könnten schwefelhaltige Abgase sowie radioaktive und schwermetallhaltige Rückstände entstehen. Durch die Raffinade gebe es hohe direkte Treibhausgas-Emissionen. Außerdem sei während des gesamten Prozesses viel Wasser und Strom nötig. Es gebe ein „gewisses Gefährdungspotential“, schreibt Urs Peuker von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. „Und das möchte man nicht unbedingt im Land haben.“
Dreckige Produktion muss verhindert werden
Lange wurde der schmutzige Teil bei Gewinnung oder Verarbeitung Seltener Erden Ländern mit geringeren Umweltstandards überlassen, zum Beispiel China. In der Nähe der größten Mine Bayan Obo in der Inneren Mongolei kam es nach einer Studie des Umweltbundesamts (UBA) in der Bevölkerung vermehrt zu Lungenkrebs. In der Mine Mountain Pass in Kalifornien führten laut UBA laxer Umgang bis in die 1990er Jahre zu einer Versalzung sowie einer toxischen und radioaktiven Belastung des Grundwassers.
Deshalb fordern Geowissenschaftler, beim Import auf Umweltschutz bei Förderung und Aufarbeitung zu achten. Das ist teuer: In Australien kommen Schätzungen zufolge bis zu 550 Millionen US-Dollar für eine umweltgerechte zweistufige Aufbereitungsanlage zusammen.