Scholz sucht Schätze in Kanada: Ersatz russischer Rohstoffe für Deutschland
Auch das zweitgrößte Land der Erde hat vieles von dem zu bieten, was Russland liefern kann

Mit Schaufel und Sieb für die Gewinnung von Gold sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Vize Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht nach Kanada gereist, aber das Ziel einer Schatzsuche ist ähnlich. Denn das zweitgrößte Land der Erde hat zu bieten, was bislang vielfach aus Russland kam und wegen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen nicht mehr zu haben ist beziehungsweise zu haben sein wird: Bodenschätze.
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Scholz und Habeck, nach deutscher Zeit in der Nacht zu Montag angekommen, wollen drei Tage lang bleiben - Scholz' Antrittsbesuch in den USA im Februar dauerte nur halb so lange, was zeigt, wie wichtig Kanada für die deutsche Wirtschaft ist und wird. Erstmals wird der Kanzler auf einer seiner Auslandsreisen von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet, die von Industriepräsident Siegfried Rußwurm angeführt wird und der ein Dutzend Spitzenmanager angehören, darunter die Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, Bayer, Siemens Energy und dem Gas-Importeur Uniper.
Kanada soll Russland als Rohstoff-Lieferant ersetzen
Denn der russische Ukraine-Krieg zwingt Deutschland, seine Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren. Das gilt ganz akut für den Energiebereich, in dem man sich von russischen Gaslieferungen unabhängig machen will. Kanada hat zwar Flüssiggas (LNG) zu bieten, davon kann Deutschland aber erst mittelfristig profitieren, weil für den Transport über den Atlantik noch Pipelines und Terminals für die Verladung auf Schiffe fehlen.
Bei der Reise liegt der Fokus deswegen auf der Wasserstoffproduktion. Außerdem hat die deutsche Wirtschaft an kanadischen Mineralien und Metallen Interesse, unter anderem an Kobalt, Nickel, Lithium und Grafit, die für die Batterieproduktion wichtig sind.
Neufundland soll Wasserstoff-Quelle auch für Deutschland werden
Nach den politischen Gesprächen in Montreal mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau am späten Montagnachmittag deutscher Zeit geht es am Dienstag erst nach Toronto, Wirtschaftszentrum Kanadas, und zum Abschluss in das 6600-Seelen-Städtchen Stephenville auf der großen Atlantik-Insel Neufundland.
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Von dort wollen die Deutschen etwas Zählbares mitnehmen: Ein Abkommen zur Kooperation bei Herstellung und Transport von Wasserstoff. Es ist windig auf Neufundland, es gibt viel Platz, dort kann der Treibstoff umweltschonend hergestellt werden.
Langfristig rechnet Kanada damit, 25 bis 30 Millionen Tonnen „grünen“ Wasserstoff pro Jahr exportieren zu können. Allerdings müssen auch hier noch Transportkapazitäten geschaffen werden.
Auch politisch will Scholz mit seinem Besuch ein Zeichen setzten: Der Kanzler hat den Plan, die Zusammenarbeit der Demokratien zu stärken, um im Systemwettbewerb mit Autokratien wie China und Russland bestehen zu können. Deswegen hatte er auch demonstrativ Japan vor dem wirtschaftlich für Deutschland bedeutenderen China besucht – anders als seine Vorgänger.
Scholz lobt die Beziehungen Deutschlands zu Kanada
Da hätte er nicht betonen müssen, dass Deutschland mit kaum einem anderen Land außerhalb der EU so eng und freundschaftlich verbunden sei wie mit Kanada. „Wir teilen nicht nur gemeinsame Werte, sondern auch einen ähnlichen Blick auf die Welt.“
Kanada ist mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern nach Russland das zweitgrößte Land der Welt, mit etwa 37 Millionen Einwohnern aber vergleichsweise dünn besiedelt. Das Land ist Partner Deutschlands in der G7 wirtschaftsstarker Demokratien und in der Nato.