Scheuer unter Feuer: Manager widersprechen dem Verkehrsminister
Der CSU-Mann soll den Bundestag belogen und einen Schaden von Abermillionen Euro verursacht haben.

Berlin - Bei Zeugen-Befragungen im Untersuchungsausschuss zur 2019 gescheiterten Pkw-Maut verfestigte sich der Verdacht, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das Parlament belogen hat.
Volker Schneble, Geschäftsführer der für den Maut-Betrieb gegründeten Firma Autoticket, wiederholte die Aussage eines Protokolls, das er verfasst hatte. Danach boten die potenziellen Betreiber Scheuer am 29. November 2018 an, die Unterzeichung der Verträge zur Errichtung des Mautsystems zu verschieben, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über seine Rechtmäßigkeit entschieden hat.
Die gleiche Aussage traf der Chef der Firma CTS Eventim, eine von zwei Mutterunternehmen von Autoticket, Klaus-Peter Schulenberg. Er habe dem Minister bei dem Treffen angeboten, mit der Unterzeichnung der Verträge bis zum Urteil des EuGH zu warten.
Grund dafür sei auch gewesen, dass die Finanzierung des Angebots nicht durch Haushaltstitel gedeckt gewesen sei. Scheuer habe es aber entschieden abgelehnt, mit der Unterzeichnung des Vertrags bis zum EuGH-Urteil zu warten. Scheuer habe gesagt, ein Start der Pkw-Maut im Wahljahr 2021 sei inakzeptabel, die Maut müsse am 1. Oktober 2020 starten, so Schulenberg. Scheuer habe deutlich gemacht, es lägen verschiedene Gutachten im Ministerium vor, die „einhellig und glasklar“ die Pkw-Maut als EuGH-konform einstuften. Die Verträge wurden unterzeichnet.
Scheuer wiederum hatte im September 2020 im Bundestag gesagt, eine Verschiebung sei bei dem Termin „nicht Thema“ gewesen.
Fünf Monate nach Vertragsunterzeichnung kippte der EuGH im Juni 2019 das deutsche Maut-Gesetz, weil es deutsche Autofahrer gegenüber Ausländern bevorzuge. Kurz danach kündigte Scheuer die Verträge mit Autoticket und deren beiden Mutterunternehmen. Sie streiten jetzt in einem Schiedsverfahren für 560 Millionen Euro Schadenersatz.
Das Protokoll, das Scheuer in Schwierigkeiten bringt, wirft allerdings Zweifel auf: Es wurde erst im September 2020 erstellt, und der Verfasser soll bei dem Gespräch nicht dabei gewesen sein.
Scheuer wird möglicherweise am Donnerstag noch vor dem Ausschuss aussagen, sicher ist war das nicht. Denn weitere Manager der Betreiberfirmen sollten vor ihm befragt werden, außerdem Scheuers Ex-Staatssekretär Gerhard Schulz.
Für die Opposition steht fest, dass der Minister zurücktreten müsse. Er habe dem Steuerzahler geschadet, inzwischen hat das CSU-Lieblingsprojekt schon fast 80 Millionen Euro gekostet. Der FDP-Abgeordnete Oliver Luksic warf Scheuer vor, sich in einem „Lügengeflecht“ verheddert zu haben.
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Udo Schiefner vom CSU-Koalitionspartner SPD, stellte für den Fall fest, dass Scheuer das Parlament belogen hat: „Das würde sein Amt belasten, und das kann zu einem Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung werden.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schob den Schwarzen Peter schon Ende 2019 weiter: „Andy Scheuer“ mache einen guten Job, entscheidend für seinen Rückhalt sei aber die Sicht der CSU-Spitze. Und die hatte in Person von Parteichef Markus Söder erklärt, dass Scheuer nicht zu halten sei, wenn er gelogen hat.