Neues Gesetz gegen Ausbeutung

Regierung räumt in der Fleischindustrie auf

Nach den Corona-Skandalen in deutschen Schlachtbetrieben werden Leiharbeit und Werkverträge verboten.

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Die Arbeitsbedingungen in Fleisch-Betrieben wie Tönnies sollen deutlich verbessert werden.
Die Arbeitsbedingungen in Fleisch-Betrieben wie Tönnies sollen deutlich verbessert werden.dpa/Tönnies

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will in der Fleischindustrie „aufräumen, und zwar gründlich“. Nach den Corona-Skandalen bei deutschen Schlachtbetrieben soll sich die Branche künftig an strenge Spielregeln halten. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch ein Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen sowie eine Bußgeld-Regelung.

Das neue „Aufräum-Gesetz“ sieht vor, dass größere Betriebe ab 1. Januar 2021 bei der Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung bessere Arbeitsbedingungen garantieren müssen. Werkvertragsarbeiter sollen nicht mehr beschäftigt werden dürfen, ab 1. April 2021 auch keine Leiharbeiter. Zudem soll es eine Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung und ein Gebot zur Schaffung besserer Gemeinschaftsunterkünfte geben.

Damit die verschärften Regeln eingehalten werden, ist eine Mindestquote für Arbeitsschutzkontrollen geplant -allerdings nicht sofort. Ab 2026 sollen jährlich mindestens fünf Prozent der Betriebe kontrolliert werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Ausgenommen sind Fleischerhandwerksbetriebe mit maximal 49 Mitarbeitern. 

Tönnies-Skandal schockierte Deustschland

Hintergrund des Vorhabens sind die Corona-Ausbrüche in Schlachtbetrieben in den vergangenen Monaten - etwa bei Tönnies in NRW. Die Skandale hatten die schon länger kritisierten Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche mit vielen osteuropäischen Billiglöhnern erneut in den Blickpunkt gerückt. Zahlreiche Mitarbeiter, die in der Corona-Krise positiv getestet wurden, waren nicht direkt bei den Firmen, sondern bei Subunternehmern angestellt.

Arbeitsminister Heil betonte, dass nun endlich Schluss sein müsse mit „Schattenunternehmen“ und „dieser Art von Sub-Sub-Sub-Unternehmertum“. Die Fleischindustrie werde sich ihrer Verantwortung künftig nicht mehr entziehen können. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hingegen zeigte sich erleichtert über geplante Ausnahmen für kleinere Betriebe beim Verbot von Werksarbeitsverträgen. Das Verbot werde nur für Betriebe mit 50 oder mehr Beschäftigten gelten, was auf eine Stärkung des regionalen Fleischerhandwerks hinauslaufe.

Steigen jetzt die Fleischpreise?

Die verschäften Regelungen des „Aufräum-Gesetzes“ werden in der Fleischbranche zu höheren Produktionskosten führen. Trotzdem sieht Arbeitsminister Heil keine Gefahr deutlich steigender Preise für die Verbraucher. Er hält Befürchtungen, dass die Fleischpreise um 10 bis 20 Prozent anziehen könnten, für ein „Ammenmärchen“. In der Branche werde „milliardenschwer“ verdient. Da müssten die Unternehmen eben ihre Gewinnmargen überdenken.  

Dem „Aufräum-Gesetz“ müssen nun noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. (mit dpa, AFP)