Verfassungsschutz warnt

Rechtsextreme Szene wächst deutlich

Gewaltbereite Neonazis, Internet-Agitatoren und neurechte „Vordenker“ – die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland wächst stetig.

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Mit der Zahl der Rechtsextremisten steigt auch die der rechten Gefährder, derzeit zählt die Polizei 65 Personen dazu.
Mit der Zahl der Rechtsextremisten steigt auch die der rechten Gefährder, derzeit zählt die Polizei 65 Personen dazu.Matthias Balk/dpa

Mehr als 30.000 Personen rechnet der Verfassungsschutz inzwischen dem rechtsextremen Spektrum zu. „Die Anzahl der Rechtsextremisten in Deutschland ist im vergangenen Jahr angestiegen – das hat auch damit zu tun, dass unsere Sicherheitsbehörden noch genauer als bisher hinschauen und ihre Methodik ständig optimieren“, sagte Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke.

Rechtsextremismus größte Bedrohung für den Staat

Zum Vergleich: 2018 lag das rechtsextremistische Personenpotenzial bei 24.100 Personen, darunter 12.700 Gewaltorientierte. Demnächst erscheint der neue Verfassungsschutzbericht mit exakten Daten für das vergangene Jahr. „Der Rechtsextremismus ist derzeit die größte Bedrohung für unseren demokratischen Rechtsstaat“, hatte sich schon Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Wochenende über den Anstieg gesorgt.

Die Bundesregierung rechnet auch mit einem weiteren Anstieg der Zahl der Rechtsextremisten, die von der Polizei als „Gefährder“ eingestuft werden. Bundesweit schätzen die Polizeibehörden aktuell 65 Rechtsextremisten als sogenannte Gefährder ein. Die Zahl der islamistischen Gefährder ist etwa zehnmal so hoch.

Zahl der Gefährder steigt ebenfalls stark

Im Juni 2019 waren es 39 Rechtsextremisten, die nach Einschätzung der Polizei in diese Kategorie gehören. Als terroristischer Gefährder gilt jemand, dem die Polizei einen Anschlag oder eine andere „politisch motivierte Straftat von erheblicher Bedeutung“ zutraut.

Die Polizei verhaftet einen Mann während einer rechtsextremen Demo in Berlin.
Die Polizei verhaftet einen Mann während einer rechtsextremen Demo in Berlin.Imago Images/Jochen Eckel

Die Sicherheitsbehörden wollen bis 2022 ein neues Analyse-Instrument für eine weitgehend einheitliche Einschätzung des Personenpotenzials im Bereich des rechtsextremistischen Terrorismus entwickeln. So sollen auch mögliche Anschläge von Extremisten verhindert werden, die nicht durch konkrete Tatvorbereitungen auffallen.

Dass die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden jetzt stärker den Blick auf den Rechtsextremismus richten, hat auch mit zwei Attentaten im vergangenen Jahr zu tun. Im Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses erschossen. Beim Hauptverdächtigen Stephan E. (46) gehen die Ermittler von einem rechtsextremistischen Motiv aus. In Halle versuchte der schwer bewaffnete Rechtsextremist Stephan B. (27) im Oktober in eine voll besetzte Synagoge einzudringen. Als dies scheiterte, tötete er eine Frau auf der Straße und einen Mann in einem Döner-Imbiss.