Rechtsaußen macht sich in Italien Hoffnungen auf den Wahlsieg
Postfaschisten führen die Umfragen vor der italienischen Parlamentswahl am 25. September mit 25 Prozent an

100 Jahre nach der Machtergreifung der Faschisten unter Benito Mussolini haben die rechtsextremen Fratelli d'Italia (FdI, „Brüder Italiens“) um Giorgia Meloni (45) beste Chancen auf die Regierungsübernahme. Kürzlich präsentierten sie ihr Wahlkampf-Logo, „ein Symbol, auf das wir stolz sind“, sagte die Parteichefin. Darin lodert eine Flamme in den Italiens Farben grün-weiß-rot, seit 1946 das Kennzeichen der Postfaschisten. Meloni war gebeten worden, auf die Flamme zu verzichten, auch Holocaust-Überlebende appellierten an sie. Vergeblich.
Rechtsaußen-Chefin ist gegen vieles
Ihre Aussagen zeigen, wohin es gehen könnte in Rom nach der Wahl am 25. September. Homophob, migrantenfeindlich und europaskeptisch trat Meloni immer wieder auf. Mitte Juni war sie bei einer Veranstaltung der rechtsextremen spanischen Partei Vox aufgetreten und hatte unter dem Jubel der Zuhörer gebrüllt, was sie alles ablehne, von Einwanderern über LGBTQ-Gruppen und Gender-Ideologien bis hin zu Brüsseler Bürokraten.

Die Politikwissenschaftlerin Sofia Ventura stellt fest, „dass FdI eine emotionale Verbindung mit der faschistischen oder postfaschistischen Historie hält“. Sie distanzierte sich zwar von der Unterdrückung der Demokratie und den antijüdischen Gesetzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, den Faschismus insgesamt verurteilte sie aber nicht.
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Laut Umfragen steht die FdI bei bis zu 25 Prozent. „Die Sorge, dass nun Faschisten an die Macht kommen, ist real“, sagt Gianfranco Miro Gori. Er ist Vertreter der Partisanenvereinigung ANPI in Forlì in der Nähe von Mussolinis Geburtsort Predappio in der norditalienischen Emilia-Romagna. „In Italien gibt es diese Nostalgie des Faschismus, weil wir anders als die Deutschen jene Epoche nie richtig aufgearbeitet haben.“

Laut Gori seien Melonis Verbündete Matteo Salvini von der rechten Lega und Silvio Berlusconi von Forza Italia mitverantwortlich an der Etablierung des (Post-)Faschismus. Ex-Ministerpräsident Berlusconi hatte behauptet, dass Mussolini kein Diktator war und auch Gutes geleistet habe. Salvini sagte noch im Herbst 2021, dass es gar keine Faschisten mehr gebe.
Auschwitz-Überlebende glaubt der Rechtsaußen-Politikerin kein Wort
Zuletzt bemühte sich Meloni um moderatere Töne. Europa und die Welt müssen sich um Italien keine Sorgen machen, sagte sie. „Ich glaube ihr kein Wort“, sagte die Auschwitz-Überlebende Edith Bruck der Zeitung La Repubblica. Melonis Beteuerungen seien nur „Fassade, um Ministerpräsidentin zu werden“.

Unterdessen blüht in Teilen Italiens der Mussolini-Kult: In seinem Wohnhaus in Forlì sitzt Domenico Morosini (82), er hat es in eine Art Privat-Museum umgewandelt. Die Räume sind voller Fotos, Büsten und Kleidungsstücke Mussolinis und seiner Familie. Morosini streckt zur Begrüßung kurz den Arm nach oben. Zu kaufen gibt es Ansteckpins mit Bildern Mussolinis oder dem Emblem der Waffen-SS.
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Vor der Ruhestätte des „Duce“ in Predappio stehen bis heute Verehrer, Nostalgiker und Interessierte Schlange. In der Familienkrypta liegen frische Blumen. Läden sind voller Andenken an Faschismus und Nationalsozialismus. An der Wand hängt eine Hakenkreuz-Fahne, auf einem Regal stehen Statuen von Mussolini und Hitler. Alles in Italien erlaubt.

Mussolini , seit 1922 Ministerpräsident des Königreichs Italien, regierte von 1925 an diktatorisch, trat an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein. Von Deutschland wurde er nach Absetzung und Verhaftung 1943 befreit und als Regierungschef einer machtlosen Republik installiert – Hitler hatte Italien annektieren lassen. Im April 1945 wurde er von Partisanen hingerichtet.