2. Update! Putsch-Angst nach Präsidenten-Wahl in Brasilien - Wahlverlierer Bolsonaro stimmt Machtübergabe zu
Lastwagenfahrer versperren Autobahnen, wollen den Sieg von Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl nicht anerkennen. Bolsonaro bricht sein Schweigen

Mit hauchdünner Mehrheit hat Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (77) die Präsidentschaftswahl am Sonntag gegen Amtsinhaber Jair Bolsonaro (67) gewonnen. Viele seiner Anhänger, darunter etliche Lastwagenfahrer, wollen das Ergebnis nicht akzeptieren: Landesweit errichteten sie über 200 Straßensperren. Nach langem Schweigen hat sich nun auch Bolsonaro geäußert.
Die zu Bolsonaros Unterstützern gehörenden Trucker sind in dem Land mit 216 Millionen Einwohnern mächtig, weil fast der gesamte Gütertransports auf der Straße erfolgt. Durch die Blockaden entstanden kilometerlange Staus, die das Fortkommen der Brasilianer vor dem Feiertag Allerseelen am Mittwoch erheblich beeinträchtigten.
Bolsonaro sagt: Ich werde als Bürger alle Anforderungen der Verfassung erfüllen
Während hochrangige Verbündete wie Parlamentspräsident Artur Lira den abgewählten Bolsonaro aufforderten, das Wahlergebnis anzuerkennen, verlangen andere eine Machtübernahme des Militärs.
Bolsonaro war nach der Verkündung des Wahlergebnisses (50,9 zu 49,1 Prozent) zunächst abgetaucht. Zwei Tage nach seiner Niederlage hat sich der rechte Präsident dann erstmals öffentlich geäußert. Allerdings sagte er bei der kurzen Rede am Dienstag in Brasília nicht, ob er den Sieg seines Herausforderers Luiz Inácio Lula da Silva anerkennt. „Ich möchte mich bei den 58 Millionen Brasilianern bedanken, die mich am 30. Oktober gewählt haben“, sagte Bolsonaro. „Als Präsident und Bürger werde ich weiter alle Anforderungen unserer Verfassung erfüllen.“
Nach seiner Niederlage hat Bolsonaro der Machtübergabe zugestimmt. Bolsonaro habe ihn autorisiert, den Prozess zum Regierungswechsel gemäß der gesetzlichen Regelung einzuleiten, sagte sein Kabinettsschef Ciro Nogueira. Die sogenannte Transition ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht.
Bolsonaro bezeichnet Demonstrationen als Ergebnis von Empörung
Bolsonaro erwähnte auch seine Anhänger, die in den vergangenen Tagen zahlreiche Fernstraßen im ganzen Land blockierten. „Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde“, sagte der scheidende Präsident und fügte hinzu: „Friedliche Demonstrationen werden immer willkommen sein.“
Sein Sohn Flavio, ein Senator, hatte zuvor bei Twitter geschrieben. „Danke an alle, die uns geholfen haben, den Patriotismus zu retten, die gebetet haben, auf die Straße gegangen sind, ihren Schweiß für das Land gegeben haben. Erheben wir unsere Häupter und geben wir unser Brasilien nicht auf. Papa, ich stehe hinter dir.“
Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, wies die Polizei an, die Blockaden zu beenden. Er habe sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. „Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert“, sagte Moraes.