Spektakulärer Crash

Putins Mondmission – darum musste „Luna-25“ scheitern

Russlands Mission zum Mond ist zerschellt. Viel Geld wurde verbrannt – nicht zum ersten Mal. Das sind die Gründe für das Scheitern.

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Die Sojus-Rakete hebt mit der automatischen Mondlandestation „Luna-25“ von einer Startrampe im Weltraumbahnhof Wostotschny im fernen Osten Russlands ab.
Die Sojus-Rakete hebt mit der automatischen Mondlandestation „Luna-25“ von einer Startrampe im Weltraumbahnhof Wostotschny im fernen Osten Russlands ab.Roskosmos/dpa

47 Jahre brauchte Russland, um nach den sowjetischen Mondmissionen endlich wieder eine Sonde zum Mond zu schicken. Doch am vergangenen Wochenende wurde letztlich klar: Die Mission ist wieder einmal gescheitert. Die Kommunikation war am frühen Samstagnachmittag abgebrochen, so die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos.

Laut den Angaben der Raumfahrtbehörde sei die Ursache eine „Kollision mit der Mondoberfläche“ gewesen. Man habe keinen Kontakt mehr mit der unbemannten Sonde aufnehmen können. Welche technischen Probleme genau auftraten, dazu teilte Roskosmos nichts mit. Zuvor hatte die Mondsonde noch mehrere Bilder geschickt.

Bevor die Sonde zerschellte, sendete sie noch Bilder von der Oberfläche des Mondes.
Bevor die Sonde zerschellte, sendete sie noch Bilder von der Oberfläche des Mondes.Roskosmos/dpa

Dutzende Milliarden Rubel für Russlands Mondmission zerstört

„Luna-25“ war in der vergangenen Woche vom russischen Weltraumbahnhof Wostotschny aus auf den Weg zum Mond geschickt worden. Die Sonde sollte am Südpol des Mondes landen. Es war die erste russische Mondmission seit 1976. Die Kosten für das Projekt liegen dabei vermutlich bei mehreren Dutzend Milliarden Rubel (mehrere Hundert Millionen Euro), wie der Forschungsdirektor von Roskosmos, Juri Makarow, im Oktober 2014 verkündete. Wohlgemerkt kündigte er das mitten im Krieg in der Ostukraine und nach Verhängung der ersten Russland-Sanktionen wegen der Annexion der Krim an. Experten schätzten die Kosten allein für „Luna-25“ auf mindestens 200 Millionen Euro.

Nun soll sich eine „interministerielle Kommission“ mit den Ursachen des Absturzes beschäftigen. Roskosmos-Chef Juri Borissow hatte das Vorhaben von vornherein als „riskant“ bezeichnet. Dem russischen Diktator Wladimir Putin sagte er im Juni, dass die Wahrscheinlichkeit des Gelingens des Projektes bei „rund 70 Prozent“ liege. Doch ob die Kommission die tatsächlichen Gründe für das Scheitern der russischen Mondmission finden wird, darf bezweifelt werden.

Roskosmos-Direktor Juri Borissow bei einem Gespräch mit Russlands Diktator Wladimir Putin. Borissows privates Unternehmen erhielt Aufträge vom Staat in Milliardenhöhe.
Roskosmos-Direktor Juri Borissow bei einem Gespräch mit Russlands Diktator Wladimir Putin. Borissows privates Unternehmen erhielt Aufträge vom Staat in Milliardenhöhe.Gavriil Grigorov/Kremlin Pool/ZUMA Wire/imago

Unternehmen von Roskosmos-Chef bekam Staatsaufträge im Milliardenwert

Einer der Hauptgründe dürfte die grassierende Korruption in allen Bereichen des russischen Staatswesens und unter den Offiziellen des Putin-Regimes sein. Wie ein Rechercheteam aus dem Umfeld des inhaftierten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny herausfand, besitzt der Roskosmos-Chef Juri Borissow Immobilien im Wert von Dutzenden Millionen Euro.

So gehört ihm eine Villa mit 853 Quadratmetern Wohnfläche in Tivat in Montenegro. Zudem sei er Eigentümer eine Wohnung in einer luxuriösen Nachbarschaft in Moskau mit 203 Quadratmetern. Es kommen weitere Grundstücke und Häuser hinzu. Borissow bezieht offiziell nur ein eher karges staatliches Gehalt. Doch vor seinem Staatsdienst gründete er eine Firma, die mittlerweile von seinem Sohn betrieben wird. Die Firma bekam bisher Staatsaufträge im Wert von 14 Milliarden Rubel, derzeit umgerechnet rund 137 Millionen Euro. Die Einträge im staatlichen Register wurden nach seinem Amtsantritt gelöscht.

Einzig bei der Internationalen Raumstation (ISS) kooperieren Russen und Amerikaner noch – jedoch eher aus der Not heraus.
Einzig bei der Internationalen Raumstation (ISS) kooperieren Russen und Amerikaner noch – jedoch eher aus der Not heraus.Artyom Geodakyan/ITAR-TASS/imago

Russland durch Ukraine-Krieg auch in Raumfahrt isoliert

Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine haben die Probleme von Roskosmos noch verschärft: Russland ist weitgehend isoliert. Die Europäische Weltraumorganisation (Esa) wollte nach eigenen Angaben weder beim Start von „Luna-25“ noch bei den künftigen Missionen „26“ und „27“ zusammenarbeiten. Wegen der Sanktionen gegen Russland wurden auch bereits geplante Missionen der ESA verschoben.

Auch die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat die Zusammenarbeit mit den Russen beinahe vollständig eingestellt. Einzig bei der Internationalen Raumstation (ISS) arbeiten die beiden Länder bisher noch zusammen. „Ich denke, das liegt daran, dass sowohl die USA als auch Russland viel zu verlieren haben, wenn die Partnerschaft beendet wird, so dass beide Seiten bereit sind, eine Lösung zu finden und die Dinge am Laufen zu halten“, so Brian Weeden, Raumfahrtextperte bei der Secure World Foundation in einem Gespräch mit Space.com.

Es bliebe nur China. Doch selbst bei den Chinesen gebe es Bedenken für eine Zusammenarbeit.

Große Teile des sowjetischen Raumfahrtprogramms, wie hier ausgestellt im Sergej-Koroljow-Museum für Raumfahrt im ukrainischen Schytomyr, waren in der Ukraine angesiedelt. Durch den russisch-ukrainischen Krieg ist diese Zusammenarbeit Geschichte.
Große Teile des sowjetischen Raumfahrtprogramms, wie hier ausgestellt im Sergej-Koroljow-Museum für Raumfahrt im ukrainischen Schytomyr, waren in der Ukraine angesiedelt. Durch den russisch-ukrainischen Krieg ist diese Zusammenarbeit Geschichte.Volodymyr Tarasov/Ukrinform/imago

Zusammenarbeit mit ukrainischer Raumfahrtindustrie abgebrochen

Doch die gescheiterte Großinvasion lässt dabei auch ein ganz anderes Problem für die russische Raumfahrtindustrie aufkommen. Denn während der Sowjetzeit waren in der Ukraine einige Hauptstandorte des sowjetischen Weltraumprogramms. Die Stadt Dnipro war damals sogar eine geschlossene Stadt, weil dort Raketen für das sowjetische Programm entwickelt wurden. Der Entwickler der Sojus-Raketen war der Ukrainer Sergej Koroljow.

Mit dem russischen Krieg in der Ukraine sind Teile dieser Industrie von Russland gezielt zerstört worden, um die Rüstungsindustrie des Landes zu schwächen. Die verbliebenen Unternehmen haben nun jedweden Kontakt mit der russischen Raumfahrtindustrie abgebrochen. Ob die russische Industrie diese Defizite seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ostukraine 2014 und der Annexion der Krim ausgleichen konnte, ist unklar.

Während die Russen noch auf den Mond wollen, will Elon Musk mit SpaceX gleich auf den Mars.
Während die Russen noch auf den Mond wollen, will Elon Musk mit SpaceX gleich auf den Mars.UPI Photo/imago

Russlands Raumfahrtindustrie weit im Hintertreffen gegen SpaceX und Co.

Neben der weitreichenden Korruption und chronischen Finanzproblemen leidet der russische Raumfahrtsektor auch unter einem Mangel an Innovationen und der Verwendung von Technologien sowjetischer Bauart. So fehlen den Russen vor allem viele westliche Bauteile für den Bau von Raumschiffen und Modulen. Viele der Missionen basieren auf alten sowjetischen Missionen. Die für die „Luna-25“ verwendete Sojus 2.1b ist eine Weiterentwicklung der sowjetischen Rakete Sojus.

Besonders im Wettbewerb mit privaten US-amerikanischen Raumfahrtunternehmen wie SpaceX ist die russische Raumfahrt bereits weit ins Hintertreffen geraten. Selbst wenn die Russen mit den künftigen geplanten Mondmissionen „Luna-26“ oder „Luna-27“ auf dem Mond landen sollten: Elon Musk plant mit dem „Starship“ von SpaceX bereits den Mars zu besiedeln.