Selenskyj-Berater

„Prigoschin hat sein eigenes Todesurteil unterschrieben“

Der Tod des Chefs der russischen Söldnertruppe Wagner kommt für viele wenig überraschend. Denn: „Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst“

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Jewgeni Prigoschin während einer Videoansprache Ende Juni.
Jewgeni Prigoschin während einer Videoansprache Ende Juni.ncredited/Prigozhin Press Service/AP/dpa

Das sind deutliche Worte: Der bei einem Flugzeugabsturz getötete Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat nach Ansicht des ukrainischen Präsidentenberaters Michailo Podoljak mit seinem abgebrochenen Marsch auf Moskau im Juni seinem Leben faktisch ein Ende bereitet. „Prigoschin hat in dem Moment, als er 200 Kilometer vor Moskau stehen blieb, sein eigenes Todesurteil unterschrieben“, sagte Podoljak der Bild-Zeitung. Der Aufstand habe Putin „erschreckt“. „Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst“, fügte er hinzu.

Eine „solche demonstrative Beseitigung“, wenn sie denn stattgefunden habe, sei „ein direktes Signal an die Eliten, dass die brutalen Morde an den eigenen Leuten in Russland beginnen“, sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Blick auf den Flugzeugabsturz am Dienstag, bei dem neben Prigoschin noch zehn weitere Menschen ums Leben gekommen waren.

Prigoschin war auch einer der reichsten Männer Russlands.
Prigoschin war auch einer der reichsten Männer Russlands.Sergei Ilnitsky/Pool EPA/AP/dpa

„Putin verzeiht niemandem seine eigene Angst“

Moskau sende damit auch ein Signal an die eigene Armee, „dass es dort wirklich keine Helden gibt und dass jede Illoyalität mit dem Tod bestraft wird“.

Auch US-Präsident Joe Biden hat sich „nicht überrascht“ vom Tod des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin gezeigt. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber ich bin nicht überrascht“, sagte Biden in der kalifornischen Stadt South Lake Tahoe, wo er sich derzeit mit seiner Familie aufhält. Biden fügte hinzu, er habe kürzlich mit Blick auf den russischen Söldnerchef gesagt, dieser müsse „vorsichtig“ sein. Auf die Frage, ob der russische Präsident Wladimir Putin hinter dem Flugzeugabsturz stehe, sagte Biden: „In Russland passiert nicht viel, hinter dem Putin nicht steht. Aber ich weiß nicht genug, um die Antwort zu kennen.“

Große Nervosität bei Putin und seinen Schergen

Ähnlich reagierten mehrere deutsche Politiker. „Dass Prigoschin seinen Angriff auf Putin mit dem Leben bezahlen wird, davon war auszugehen“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und sprach mit Blick auf Prigoschin von einem „Teufel, der sich mit dem Teufel einlässt“. Es zeige aber auch, „dass offensichtlich große Nervosität bei Putin und seinen Schergen im Kreml herrscht“, fügte sie hinzu.

Ein Mann zündet eine Kerze an einer inoffiziellen Gedenkstätte in Sankt Petersburg an.
Ein Mann zündet eine Kerze an einer inoffiziellen Gedenkstätte in Sankt Petersburg an.Dmitri Lovetsky/AP

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter vermutet, dass der russische Präsident Wladimir Putin den Tod des Wagner-Chefs beauftragt hat. „Es war eine Frage der Zeit“, sagte er in der Sendung „RTL Direkt“ am Mittwochabend. „Dass es jetzt so rasch ging (...) und auch noch zehn weitere Tote in Kauf genommen wurden, zeigt die Brutalität des Systems Putin“, erklärte er.

Das Machtsystem Putins hat Risse bekommen

Die mutmaßliche Ermordung Prigoschins sei eine „Warnung“ auch für Deutschland, betonte Kiesewetter. „Wir müssen uns im Klaren sein, dass dieses System nicht verhandelt (...) und nur die Sprache der Stärke versteht.“

Der CDU-Außenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen sieht Präsident Putin auch nach dem Tod Prigoschins geschwächt. „Entweder Putin oder Prigoschin - das blieb die Lage auch nach dem abgesagten Putsch“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ob die von Putin enthauptete Wagner-Gruppe sich nun erst recht zur Rebellion formiert oder sich führungslos fügt, ist eine offene Frage. Das Machtsystem Putins aber hat Risse bekommen, und das kann er nicht mehr stoppen.“