75 Jahre Sportwagengeschichte

Porsche im Elektro-Zeitalter: Ausgeröhrt?

Seit 75 Jahren baut Porsche Sportwagen. Die Meinungen gehen auseinander, ob das mit E-Motor ohne Sound funktionieren kann

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75 Jahre Sportwagengeschichte sind im Zuffenhausener Porsche-Museum ausgestellt.
75 Jahre Sportwagengeschichte sind im Zuffenhausener Porsche-Museum ausgestellt.Christoph Schmidt/dpa

Porsche. Das ist das Auto, das mal röhrt, mal faucht, mal brüllt, und in dessen Basisversionen mit Glück ein Lenkrad enthalten ist. Es ist deshalb auch das Auto, das sich in der Regel nur gesetztere Herren (selten Damen) leisten wollen, und das mit seinen Abgaswerten Umweltschützern ein Graus ist. Porsche ist aber auch Sinnbild von Haltbarkeit: Regelmäßig gewartet und ohne Unfall gilt der Zuffenhausener als unkaputtbar. Nun aber in Zeiten des Wegs zum Elektro-Auto stellt sich die Frage: Was wird aus der Ikone deutscher Ingenieurskunst?

Komplett elektrisch bringt Porsche bislang nur ein Modell auf die Straße. Vom Zeitgeist lassen sich die Stuttgarter also offenbar nicht treiben. Und dennoch ist Porsche 75 Jahre nach der Erstzulassung seines ersten Sportwagens so erfolgreich wie nie. 310.000 Autos wurden 2022 ausgeliefert, davon 96.000 nach China. 

Geile Karre mit 35 PS

35 PS, knapp 600 Kilogramm Gewicht und eine Spitzengeschwindigkeit von 135 Kilometern pro Stunde: Was heute so gar nicht nach Sportwagen klingt (akustisch nach Käfer), war 1948 eine kleine Technik-Revolution.

Der Porsche 356 erinnert mit seinen runden Scheinwerfern und seiner schnittigen Form aber immerhin optisch an seine vielen Nachfolger. Am 8. Juni 1948 erhielt der in Gmünd in Österreich gefertigte Ur-Porsche seine Erstzulassung. Die Geburtsstunde des Porsche-Sportwagens.

Ohne den dicken Cayenne wäre Porsche wohl verschwunden

Seither hat sich viel getan: Rennsporterfolge, die Entwicklung des 911er im Jahr 1963 – auch hier gibt es also einen Geburtstag zu feiern – und Wachstum. Aber auch der drohende Niedergang der 90er Jahre, mit dem heute meistverkauften Modell Cayenne die Flucht ins SUV-Segment und eine verlorene Übernahmeschlacht mit Volkswagen.

Der Cayenne, 2002 vorgestellt, rettete Porsche. Die Kundschaft wollte SUV, und die wurden geliefert. 2022 wurden fast 96.000 Cayenne verkauft. Es ist der begehrteste Porsche.
Der Cayenne, 2002 vorgestellt, rettete Porsche. Die Kundschaft wollte SUV, und die wurden geliefert. 2022 wurden fast 96.000 Cayenne verkauft. Es ist der begehrteste Porsche.Jan Woitas/dpa

Was sich nicht verändert hat, ist die Porsche-Klientel, wie der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Universität Bochum beobachtet. Diese beschreibt er so: „Porsche-Fahrer wollen ausstrahlen, dass sie solvent, sportlich und gut drauf sind. Für viele - gerade für Männer - ist es auch ein Jugendtraum.“

Auch Porsche selbst spricht von der „hohen Loyalität“ seiner Kundschaft. Das habe sich auch nicht mit der Einführung der SUV geändert. Und mit der Einführung des einzigen vollelektrischen Modells Taycan seien auch neue Kundengruppen erschlossen worden.

Um herauszufinden, welche Menschen so ein Auto anzieht, lohnt ein Blick in Hossieps Umfragen. Demnach liegen Porsche-Fahrer auf den Dimensionen Sportlichkeit, Faszination, Genuss, Außenwirkung oder Statusbewusstsein über dem Schnitt aller Autofahrer.

Ein Spielzeug für Leute mit Geld

Ein Porsche sei „ein Spielzeug für Leute, die gut Geld verdienen, gut unterwegs sind und dann aber auch zeigen wollen, dass sie Spaß am Leben haben“, drückt es der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer aus. Das habe auch etwas damit zu tun, sich dynamisch zu bewegen. Porsche-Kunden seien zudem Menschen, die sich über Konventionen hinwegsetzen und Unternehmer spielen wollen, meint er. Auch deshalb sei Finanzminister Christian Lindner (FDP) so in Porsche verliebt.

Dass sich mit so einem „Spielzeug“ gutes Geld verdienen lässt, zeigt ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Zuffenhausener. Die Gewinne steigen kontinuierlich und von einer Marge – also dem Anteil des operativen Gewinns am Umsatz – von zuletzt 18,2 Prozent können die allermeisten Autobauer nur träumen. Zudem rangiert Porsche kein Jahr nach dem Börsengang bereits im Dax und hat bei der Börsenbewertung die Konzernmutter VW schon lange hinter sich gelassen.

Nur was wird aus dem Spaß, wenn künftig nicht mehr der Boxermotor hinterm Rücken röhrt, sondern die Batterie für den Antrieb sorgt? Für Hossiep geht das nicht wirklich zusammen. „Ein Leben mit einem elektrischen Porsche-Sportwagen ist möglich, aber sinnlos.“ Für Sportwagenfahrer gehörten Haptik, Geruch, Geräusche oder Vibrationen dazu. Das aus dem Lautsprecher kommen zu lassen, sei für viele undenkbar. „Da kann man sich genauso in einen Fahrsimulator setzen.“

E-Auto mit mehr Beschleunigung, das passt zu Porsche

Anders sieht das Dudenhöffer: Elektroautos beschleunigten schneller als ein konventionelles Fahrzeug, das passe wieder zur Dynamik. „Von daher glaube ich, das passt eigentlich sehr gut zusammen.“ Die Zeit, in der Geschwindigkeit mit Krach unterlegt werde, gehe zu Ende. „Von daher glaube ich, Porsche wird überleben.“

Konkret plant Porsche, 2030 mehr als 80 Prozent der Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern. Doch dieses Ziel ist 2022 in die Ferne gerückt: Weil deutlich weniger Exemplare des Taycan verkauft wurden, verringerte sich der reine E-Anteil von 13,7 Prozent auf 11 Prozent. Der Grund hierfür seien Versorgungsengpässe. Auch Anfang 2023 setzte sich der Abwärtstrend fort.

Das aktuelle 911er Cabrio für den Nordamerika-Markt. Über 79.000 Porsches wurden 2022 dort ausgeliefert.
Das aktuelle 911er Cabrio für den Nordamerika-Markt. Über 79.000 Porsches wurden 2022 dort ausgeliefert.Porsche Cars North America/AP

Rettung des 911er mit eFuels und Hybridantrieb?

Andererseits investiert Porsche in eine eigene Produktion von eFuels in Chile und setzt auf den potenziell klimafreundlichen Kraftstoff, um die große Bestandsflotte zu dekarbonisieren. Letztlich dürfte es dabei aber auch darum gehen, den Klassiker 911 weiter an den Mann und die Frau zu bringen. Denn eine vollelektrische Version des 911 soll es laut Unternehmen zumindest nach heutigem Stand nicht geben.

Die Batterien müssten deutlich leichter und kleiner werden, um das klassische Konzept eines 2+2-Sitzers mit dem Motor hinter der Hinterachse umzusetzen, erläutert eine Sprecherin. Man denke aber über eine sehr sportliche Hybridversion des 911 nach. „Der 911 wird noch so lange als Verbrenner zu kaufen sein, solange es genug Kunden gibt, die Verbrenner-Fahrzeuge nachfragen und solange die Regularien es erlauben.“