83 Jahre nach deutschem Überfall auf Polen

Polen verlangt von Deutschland 1,3 Billionen Euro an Weltkriegs-Reparationen: So stehen die Chancen

Das Nachbarland findet, die deutsche Wirtschaft könne so eine Summe „perfekt verkraften“.

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Blick auf das zerstörte Warschau am 30. November 1944. Für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden will Polen entschädigt werden.
Blick auf das zerstörte Warschau am 30. November 1944. Für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden will Polen entschädigt werden.dpa

83 Jahre nach dem deutschen Überfall auf das benachbarte Polen stellt das Nachbarland eine schwindelerregende Forderung: 1,3 Billionen Euro solle Deutschland zahlen, Reparationen für im Zweiten Weltkrieg erlittene Schäden.

Kaczynski: Deutsche Wirtschaft kann 1,3 Billionen Euro Reparationen „perfekt verkraften“

Warschau wolle mit Berlin über Entschädigungen in diesem geschätzten Volumen verhandeln, sagte am Donnerstag der Vorsitzende der rechtspopulistischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski. Es handele sich um eine Summe, welche die deutsche Wirtschaft „perfekt verkraften“ könne, „ohne erdrückt“ zu werden.

Bis Polen jedoch Reparationen erhalte, sei ein „langer und schwieriger“ Prozess zu durchlaufen, räumte Kaczynski ein. Entsprechende Forderungen der PiS sind nicht neu: Immer wieder in den vergangenen Jahren hatten Politiker der Partei das Thema deutscher Reparationszahlungen aufgegriffen.

Gutachten des polnischen Parlaments hatte Reparationsforderungen auf 840 Millionen Euro beziffert

Kaczynski präsentierte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Warschau einen Bericht zur Höhe der Schäden, die sein Land infolge der deutschen Invasion und Besatzung erlitten hat. Der PiS-Chef sagte, über diesen Report hinaus „haben wir auch eine Entscheidung getroffen“ – und zwar jene, „Deutschland zu bitten, über diese Reparationen zu verhandeln“. Der Betrag übersteigt deutlich die Summe von 840 Millionen Euro, die ein Gutachten des polnischen Parlamentes im Jahr 2017 als angemessene Reparationen genannt hatte.

Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Berichtes hatte Kaczynski sorgfältig ausgewählt: Es ist der 83. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, mit dem am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg begonnen hatte. Kaczynski hob hervor, dass die Invasion durch Nazideutschland seinem Land „enormen Schaden“ zugefügt habe. Die Folgen der „unglaublich verbrecherischen, unglaublich grausamen“ Besatzung dauerten „in vielen Fällen bis zum heutigen Tag“ an.

Polen hatte auf Reparationen verzichtet, behauptet nun aber, das habe sich nur auf die DDR bezogen

Die Bundesregierung sieht allerdings keine rechtliche Grundlage für Reparationsforderungen aus Polen, wie sie immer wieder erklärt hat. Sie argumentiert damit, dass die kommunistische polnische Führung 1953 ihren Verzicht auf deutsche Reparationen erklärt hatte. Auch die vorherige Bundesregierung hatte entsprechende Forderungen mit dem Hinweis zurückgewiesen, den Verzicht hätte Polen selbst mehrfach bestätigt. Polen wiederum behauptet, dieser Verzicht sei auf Druck der Sowjetunion zustande gekommen und habe sich nur auf die DDR bezogen.

Einem Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zufolge gibt es keine rechtliche Handhabe, entsprechende Forderungen durchzusetzen. In Bezug auf Reparationsforderungen aus Griechenland, das anders als Polen nie einen Reparationsverzicht erklärt hatte, regt das Gutachten an, die Frage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu klären. Dazu kann die Bundesregierung jedoch nicht gezwungen werden, sie müsste sich dazu freiwillig bereit erklären.