Das große Warum : Pöbeln, lügen - alles wurscht für Trump-Fans
Wählerbasis des US-Präsidenten hält zu ihrem Donald, egal, was er sagt und tut

Foto: imago images/UPI Photo
Washington D. C. - „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren, okay? Es ist einfach unglaublich“, sagte Donald Trump, als er 2016 für seinen Einzug ins Weiße Haus Wahlkampf machte. Er wurde Präsident, hat niemanden erschossen. Aber all die Vorwürfe, die sonst noch gegen ihn erhoben wurden, hätten bei vielen Politikern zum Rücktritt gereicht. Bei Trump (74) nicht. Seine Basis bleibt ihm im Kampf gegen den Herausforderer Joe Biden treu, hofft trotz über 220.000 Corona-Toten in den USA auf seine Wiederwahl am 3. November. Warum nur?
Viele rechnen ihm an, dass er dafür gekämpft hat, seine Versprechen wahr zu machen, beispielsweise bei der Besetzung des Obersten Gerichts mit konservativen Richtern oder beim Bau einer Mauer zu Mexiko. Manche heißen Trumps Politik gut - etwa sein Vorgehen gegen Migranten, sein Bekenntnis zum Waffenbesitz, oder seine „America First“-Doktrin. Auch wenn sie seine Pöbeleien und Lügen missbilligen.
Bedingungslose Treue zu Trump
Wieder andere sehen in ihm einen Kämpfer gegen Abtreibungen. Und dann gibt es eine bedeutende Gruppe von Anhängern, die fast bedingungslos hinter Trump steht. In einer Umfrage der Uni Monmouth 2019 sagten 62 Prozent der Trump-Anhänger, sie könnten sich nichts vorstellen, was der Präsident tun könne, um ihre Unterstützung zu verlieren.
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass Trump viele Dinge gesagt hat, die für jeden anderen republikanischen Kandidaten politischer Selbstmord gewesen wären“, schrieb der Neurowissenschaftler Bobby Azarian bereits 2016 in seinem Blog. „Trump scheint fast völlig kugelsicher zu sein.“

Das liegt nach Auffassung von Beobachtern daran, dass viele Anhänger sein krawalliges Auftreten, seinen ständigen Verstoß gegen Normen und Gepflogenheiten mögen: Sie haben die Nase voll von diplomatischen Berufspolitikern. Zum anderen hängt es damit zusammen, dass Trumps loyalste Unterstützer seine Ausreden für bare Münze nehmen, wenn er mal wieder beim Schwindeln erwischt wurde.
Die Faktenprüfer der Washington Post haben Trump seit Amtsantritt mehr als 20.000 falsche oder irreführende Aussagen nachgewiesen. In einer Umfrage hielten trotzdem 72 Prozent der Republikaner Trump für ehrlich und vertrauenswürdig. Bei Demokraten lag der Wert bei 9 Prozent. Trump wiederum bezeichnet die Washington Post und andere kritische Medien als „Volksfeinde“, denen man nicht vertrauen dürfe.
Propagandamaschine
Er hat aber auch Unterstützer bei den Medien. Der CNN-Medienjournalist Brian Stelter identifizierte den Sender Fox News als „Propagandamaschine“. Trump bezieht Ideen für seine Politik aus den Fox-Sendungen, die dann anschließend lobend über seine Politik berichten.

Mit Blick auf jene Anhänger, die Trump jeden Quatsch glauben, findet der Neurowissenschaftler Azarian eine psychologische Erklärung, den „Dunning-Kruger-Effekt“. Er beschreibt das Phänomen, dass inkompetente Menschen ihr eigenes Können überschätzen und nicht in der Lage sind, das Maß ihrer Inkompetenz zu erkennen. „Im Wesentlichen sind sie nicht klug genug, um zu erkennen, dass sie dumm sind.“ Je niedriger der Bildungsgrad, desto höher ist nach einer Umfrage der Zuspruch für Trump. Nach deren Daten ist der wahrscheinlichste Trump-Wähler ungebildet, männlich, weiß und voller Angst, gesellschaftlich abgehängt zu werden.
Trumps Warnungen vor einer „Invasion“ von Migranten, vor einer Explosion der Kriminalität, vor marodierenden linken Horden, vor einer Zerstörung der Vororte fallen bei dieser Gruppe auf fruchtbaren Boden, wenn Trump verspricht:„ Ich bin das Einzige, was zwischen dem amerikanischen Traum und totaler Anarchie, Wahnsinn und Chaos steht.“