Eine Mitarbeiterin des Pflegepersonals in einem Heim in Kiel hält die Hand einer Bewohnerin, die im Rollstuhl sitzt.
Eine Mitarbeiterin des Pflegepersonals in einem Heim in Kiel hält die Hand einer Bewohnerin, die im Rollstuhl sitzt. Frank Molter/dpa

Die Ampel-Koalition will mehr Pflegekräfte aus Ländern mit großem Arbeitskräftepotenzial wie Brasilien anwerben.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, er werde im Juni mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Brasilien reisen, denn dort sei gebe es sehr viel Pflegepersonal.

Darüber hinaus gebe es Absprachen mit Indonesien und Mexiko. Erst im Februar hatte Heil mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Ghana in Westafrika besucht. Auch hier war die Anwerbung von Fachkräften ein Thema.

Heil betonte: „Wir werden dabei sehr sensibel vorgehen, damit wir keinem Land die Arbeitskräfte nehmen, die es selber braucht“. Und weiter: „Durch einen gut bezahlten Job für sie selbst und vielleicht auch durch die Möglichkeit, Familienangehörige in der Heimat finanziell zu unterstützen.“

In Deutschland fehlen nach wie vor Pflegekräfte

In Deutschland gibt es nach wie vor zu wenig Pflegekräfte. Zwar hat die Zahl der Beschäftigten hier zuletzt etwas zugenommen. Für 2021 hatte die Bundesagentur für Arbeit die Zahl der sozialversicherungspflichtig in der Pflege Tätigen mit rund 1,67 Millionen Menschen angegeben. Das waren rund 44 300 mehr als ein Jahr zuvor.

Seit Anfang 2022 habe der Beschäftigungsaufbau in der Pflege jedoch „spürbar an Dynamik verloren“, stellte die Bundesagentur fest. Derzeit kommen auf 100 freie Stellen nur 33 arbeitssuchende Pflegefachleute. Die Bundesagentur spricht von einem „deutlichen Fachkräfteengpass bei Pflegefachkräften“.

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt stark an

Stark gestiegen ist dagegen die Zahl der Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Dezember 1999 noch 2,02 Millionen Pflegebedürftige, im Dezember 2009 waren es schon auf 2,34 Millionen, im Dezember 2019 rund 4,13 Millionen und im Dezember 2021 rund 4,96 Millionen. Bis 2055 rechnen Experten mit einem Anstieg auf 6,8 Millionen.

Um die Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland bemüht sich die Bundesregierung seit Jahren. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) etwa war 2019 nach Mexiko geflogen, um Pflegekräften den Weg nach Deutschland zu erleichtern. Der Erfolg war allerdings begrenzt: 2022 wurden unterm Strich 656 ausländische Pflegekräfte durch die Bundesagentur für Arbeit nach Deutschland vermittelt. Die meisten angeworbenen Pflegekräfte stammten mit 255 von den Philippinen.

Sprachbarriere: Patientenschützer haben Zweifel am Erfolg der Aktion

Die Stiftung Patientenschutz bezweifelt, dass sich die Fachkräftelücke durch Zuzug aus dem Ausland lösen lässt. Die Anwerbezahlen nicht-europäischer Arbeitskräfte seien seit über zehn Jahren sehr ernüchternd, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht vor allem bessere Arbeitsbedingungen als Schlüssel.

Dann könnten sich die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und sogar 60 Prozent der Ausgestiegenen eine Rückkehr in den Beruf oder ein Aufstocken ihrer Stunden vorstellen. Mindestens 300.000 Kräfte stünden damit zusätzlich zur Verfügung. „Der Mangel an Pflegekräften ist zuerst ein innerdeutsches Problem“, betonte Brysch.

Hinzu komme aus Patientensicht, dass die Kommunikation mit ausländischen Kräften im Alltag teilweise durch sprachliche Hürden erschwert sei, so Brysch.