Angehörige sollen künftig leichter entscheiden können, ob sie Pflegeleistungen beispielsweise wegen Urlaubs für eine Fachkraft zu Hause oder eine stationäre Kurzzeitpflege verwenden.
Angehörige sollen künftig leichter entscheiden können, ob sie Pflegeleistungen beispielsweise wegen Urlaubs für eine Fachkraft zu Hause oder eine stationäre Kurzzeitpflege verwenden. Mascha Brichta/dpa

Im Streit um die Pflegereform haben sich die Koalitions­parteien auf erste Kompromisse geeinigt. Danach soll die zunächst aus dem Gesetzentwurf von Gesundheits­minister Karl Lauterbach (SPD) gestrichene Zusammenlegung der Leistungen an für die Kurzzeit- und die Verhinderungs­pflege doch wieder in die Reform aufgenommen werden. Das berichtet das Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND).

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Zur Gegen­finanzierung der Kosten in Höhe von rund 500 Millionen Euro werden allerdings die Pflegeleistungen der Pflegekasse zugunsten der Angehörigen 2025 nicht um 5 Prozent erhöht, sondern nur um 4,5 Prozent. Bei der geplanten fünfprozentigen Steigerung der Zahlungen für ambulante Leistungen 2024 bleibt es hingegen.

Entlastung bei den Heimkosten bleibt

Verhinderungspflege ist der Einsatz einer Fachkraft, wenn ein Angehöriger wegen Urlaubs oder einer Krankheit nicht in der Lage ist, einen Pflegebedürftigen zu Hause zu betreuen. Bei der Kurzzeitpflege wird der Pflegebedürftige auf Zeit in einer stationären Heimversorgung aufgenommen.

Zur Gegen­finanzierung war auch diskutiert worden, die von Lauterbach geplante höhere Entlastung der Heimbewohner und ‑bewohnerinnen bei den Eigenanteilen zu kippen. Darauf wurde nach RND-Informationen aber zugunsten der geringeren Erhöhung der Pflege­leistungen verzichtet.

Die FDP hatte die Flexibilisierung zwischenzeitlich gestoppt

Die Einführung eines flexibel nutzbaren Budgets war bereits im Koalitions­vertrag vereinbart worden. Diese Entlastung war jedoch auf Druck der FDP kurz vor der Beschluss­fassung des Gesetz­entwurfs im Kabinett wieder gestrichen worden.

Das stieß auf heftige Kritik bei den Grünen sowie bei Pflege- und Sozial­verbänden. Nun bleibt es dabei, dass für die Verhinderungs­pflege (bisherige Leistung: bis zu 1612 Euro) und die Kurzzeit­pflege (bis zu 1774 Euro) künftig ein Gesamtbudget von 3386 Euro zur Verfügung steht.

Das bedeutet, dass die Anspruchs­berechtigten die Gesamtsumme flexibel für eine oder beide Leistungen einsetzen können.

Patientenschützer lobten zwar das flexible Budget, kritisierten aber die geplante Gegen­finanzierung. Der Vorstand der Stiftung Patienten­schutz, Eugen Brysch, sagte dem RND, schon die eigentlich geplante Anhebung um 5 Prozent ab 2024 sei ein Bruch politischer Versprechen gewesen.

Erhöhung der Pflegeleistungen zu niedrig

Schließlich habe die Regierung der Bevölkerung die Zusage gegeben, eigentlich im Jahr 2022 die Leistungen regelhaft an die Preissteigerung anzupassen - die hohe Inflation mache das erst recht notwendig. „Selbst wenn jetzt das gemeinsame Entlastungs­budget für die Verhinderungs- und Kurzzeit­pflege kommen soll, dürfen andere Minimal­zusagen der Koalition dafür nicht geopfert werden“, mahnte Brysch.  

Es gibt Forderungen  von Pflegenden-Vertretungen, die Leistungen um zehn Prozent zu erhöhen.

Die Pflegereform soll Ende der Woche abschließend im Bundestag beschlossen werden. Sie sieht unter anderem eine Anhebung des Beitrags­satzes um mindestens 0,35 Prozent vor, um die laufenden Defizite in Milliardenhöhe zu decken. Kinderlose sollen vom 1. Juli an 0,6 Prozent mehr an die Pflegeversicherung zahlen, also vier Prozent, von denen der Arbeitgeber 1,7 Prozent trägt.

Wer zwei oder mehr Kinder hat, zahlt weniger in die Pflegeversicherung

Zugleich wird die Vorgabe des Bundes­verfassungs­gerichts nach einer stärkeren Differenzierung des Beitragssatzes je nach Kinderzahl umgesetzt. Ab dem zweiten Kind gilt künftig ein Abschlag von je 0,25 Prozent­punkten.

Laut Statistischem Bundesamt gab 2021 es in Deutschland rund fünf Millionen Pflegebedürftige, 141 Prozent mehr als 2001. Vier von fünf Pfleglingen werden zu Hause betreut.