Pfandleiher wittern gute Krisen-Geschäfte, aber Achtung!
Pfandleiher-Verband erwartet mehr Andrang, wenn die Menschen ihre absehbar viel höheren Energieabrechnungen erhalten

Der Weg zum schnellen Geld führt in Stuttgart in eine Seitenstraße. In den Schaufenstern der städtischen Pfandleihe liegen Uhren, die als Pfand für einen Kredit dienten und nicht ausgelöst wurden. Eine Rolex Air-King für 13.939 Euro, eine Patek Philippe für 11.000 Euro oder eine Maurice Lacroix für 1999 Euro wird angeboten. Die Spannbreite ist auch sonst groß: Fahrräder, Meissener Porzellan, Vuitton-Handtaschen. Am unteren Preis-Ende: Ketten und Armbänder für 19 Euro. Geschäftsführer Jürgen Barth nimmt an, dass das Geschäft bald noch besser laufen wird: „Ich erwarte Ende des Jahres oder Anfang 2023 einen erhöhten Kreditbedarf, wenn Abrechnungen für die Energiekosten kommen oder die Vorauszahlungen an den Vermieter erhöht werden.“
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In Zeiten hoher Inflation und Energiekosten kann die Pfandleihe rasch für das nötige Kleingeld sorgen. Gerade in den letzten Wochen hätten die Geschäfte angezogen, sagte der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Pfandkreditgewerbes (ZDP), Wolfgang Schedl. Alles werde teurer, berichteten Kunden der Mitgliedsbetriebe vor Ort, sagte Schedl. Auch er kann sich angesichts der aktuellen Situation vorstellen, „dass der Kreditbedarf der Menschen in den nächsten Monaten signifikant zunimmt“.
Schmuck, Uhren, Fahrräder stehen auf der Pfandleiher-Hitliste vorne
Das Geschäft von Pfandleihern ist einfach: Wer schnell Geld braucht, bekommt gegen ein Pfand Kredit. Dafür werden Zinsen und Gebühren fällig. Zahlt der Kunde alles rechtzeitig zurück, kann er den beliehenen Gegenstand wieder mitnehmen. Wenn nicht, wird er versteigert oder verkauft. Am häufigsten werde Schmuck gebracht, erklärte Barth, gefolgt von Uhren, Musikinstrumenten, Fahrrädern, E-Bikes oder Luxushandtaschen. Es gebe aber auch Ungewöhnliches wie ein Mikroskop im Wert von 6000 Euro.

Der junge Mann in der Pfandleihe ist sicher, dass er seinen Pfand zurückbekommt. Eine Rolex hat er auf den Tresen gelegt, trägt eine weitere am Arm. Er sei Mitte 20, selbstständig und handele mit Luxusautos. Als Selbstständiger brauche er manchmal eben schnell Geld, die Uhr wolle er spätestens in einem Monat wieder abholen. 19.000 Euro erhält er.
Nur fünf Prozent der Pfänder werden nicht wieder ausgelöst
Ein Darlehen betrage im Durchschnitt aber nur gute 500 Euro, sagt Barth. Mehr als 95 Prozent der Gegenstände würden wieder abgeholt. Das Geschäft lohnt sich: 2021 lag sein Jahresüberschuss bei rund 287.000 Euro.
Verbandschef Schedl hat festgestellt, dass immer mehr Kunden der Mittelschicht kommen. Und Barth hat registriert: „Wir stellen fest, dass junge Erwachsene mehr Wert auf Luxus legen.“ Der Rolex-Mann sei dafür ein gutes Beispiel. „Bei den durchschnittlichen Kunden reden wir nicht nur von den finanziell Schwachen.“ Aber: Sein Haus hätte auch einen sozialen Auftrag und vergebe auch 20-Euro-Kredite.
Verbraucherschützer weisen auf vergleichsweise hohe Gebühren bei Pfandleihern hin
Wer bei den Banken abblitze, bei dem sei die Not groß und der Pfandkredit eine Art letzter Ausweg, sagte Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale. Und gerade bei kleineren Summen seien die Kredite wegen der Gebühren viel teurer als übliche Kredite. Ein Beispiel: Bei einem Darlehen von 51 bis 100 Euro werden in Barths Geschäft ein monatlicher Zins von einem Prozent sowie eine monatliche Gebühr von 2,50 Euro fällig.
Pfandleiher Barth hält dagegen, dass er im Gegensatz zu einer Bank ein höheres Risiko zu tragen habe. Wenn er ein Pfand annehme, wisse er nicht, was es in der Zukunft noch einbringt.