Olaf Scholz: Kanzler-Leibwächter im Tiefschlaf
Ein Mann gelangte auf dem Flughafen Frankfurt unbehelligt aufs Rollfeld, stürmte auf den Bundeskanzler los - und umarmte ihn, ohne dass die Personenschützer eingriffen

Da haben sich die Leibwächter des Bundeskanzlers nicht mit Ruhm bekleckert: Sie griffen nicht ein, als ein Mann (48) auf Olaf Scholz (SPD) zustürmte und ihm sehr nahe kam. Scholz blieb unverletzt, denn der Mann umarmte ihn nur. Eine katastrophale Fehlleistung der Bodyguards.
Der „Täter“ hatte sich in Frankfurt/Main offenkundig unbemerkt mit seinem Auto einem Konvoi der Kanzler-Limousine und der Begleitfahrzeuge des Bundeskriminalamts angeschlossen, der auf dem Weg zum Frankfurter Flughafen war.
Dort angekommen, geschah gleich die erste Sicherheitspanne. Das Auto, dessen Kennzeichen für die Fahrt aufs Rollfeld nicht angemeldet war, witschte mit dem Konvoi durch die Sicherheitsschranke.
Kanzler-Umarmer konnte einfach aufs Rollfeld fahren
Dann wurde es richtig haarig. Als Scholz am Flugzeug, das ihn nach Berlin bringen sollte, aus seinem Wagen ausstieg, hielt auch der aus Frankfurt stammende Verfolger an.

Auch er verließ laut einem Bild-Bericht sein Fahrzeug, rannte auf Scholz zu, drückte ihm die Hand und umarmte den Kanzler, der es geschehen ließ.
Erst jetzt griffen die Personenschützer des Bundeskriminalamts und Bundespolizisten ein. Eine Sprecherin erklärte laut dem Bericht: „Die Person wurde ohne Widerstand von der Bundespolizei festgenommen.“ Jetzt wird wegen Hausfriedensbruchs gegen ihn ermittelt.
Aus dem Kanzleramt verlautete gegenüber der Zeitung: „Für Olaf Scholz war es in der konkreten Situation kein großer Vorfall, nur eine überraschend innige Umarmung. Im Rückblick stellt sich heraus, was da alles hätte passieren können.“
Zerknirschte Bodyguards des Bundeskriminalamts
Scholz' BKA-Team habe intern zugegeben, dass es zu einer derartigen Situation nicht noch einmal kommen dürfe. Sie gehören zur Abteilung „Sicherungsgruppe“.
Sie hat den Auftrag, unter anderem den Bundespräsidenten, die Bundesregierung und die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes zu schützen. In einzelnen Fällen sind sie auch für deren ausländischen Gäste verantwortlich.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte Konsequenzen an. „Das darf nicht passieren.“Man werde jetzt „sehr genau aufarbeiten, woran es lag, um die Dinge dann auch möglichst abstellen zu können“.
Ein Sprecher ihres Ministeriums bezeichnete den Vorgang als „natürlich inakzeptabel“. Es sei „auf den ersten Blick nicht ganz ersichtlich, wo der Fehler liegt“. Deshalb werde die Situation analysiert. Betroffen seien Sicherheitsmaßnahmen von Landespolizei, Bundespolizei und Bundeskriminalamt.
„Ein GAU für Personenschützer“
Der Geschäftsführer des auch für private Personenschützer zuständigen Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft, Martin Hildebrandt, sagte mit Blick auf den Vorfall: „In 25 Jahren habe ich noch nicht von so was gehört. Das ist ein GAU für Personenschützer. Da muss irgendwas im Vorfeld schief gelaufen sein.“
Eine Sprecherin der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt sagte: „Aus unserer Sicht hat die Bundespolizei richtig gehandelt.“ Das BKA wollte „aus polizeitaktischen Gründen“ keine weiteren Auskünfte erteilen.
Das Rollfeld des Frankfurter Flughafens ist für normale Passagiere nicht zugänglich. Pressevertreter werden, wenn sie den Bereich auf Einladung betreten dürfen, zuvor ausgiebig kontrolliert, auch auf Sprengstoff.
Der ganze Vorgang hat sich bereits am Mittwoch gegen 23 Uhr abgespielt. Der Kanzler war anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Europäischen Zentralbank nach Frankfurt gereist.