Carsten Schneider: Rechtspartei überschätzt

„Niemand traut der AfD zu, Probleme zu lösen“: Ostbeauftragter will DIESEN DDR-Feiertag wiederbeleben

Umfragen geben der in erheblichen Teilen rechtsextremen Partei gute Chancen, doch der Ostbeauftragte der Bundesregierung hält den AFD-Hype für überbewertet.

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Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland glaubt nicht an AfD-Wahlsiege 2024 im Osten.
Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland glaubt nicht an AfD-Wahlsiege 2024 im Osten.Kay Nietfeld/dpa

Glaubt man den Umfragen, könnte die in erheblichen Teilen rechtsextreme Partei AfD in allen Ost-Bundesländern außer Berlin stärkste Partei werden. Landesregierungen ohne Beteiligung der Partei, die von Verfassungsschützern als Gefahr für die Demokratie bewertet wird, wären dann immer schwieriger zu bilden. Doch einer glaubt, dass der AfD-Hype völlig überschätzt wird: Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung.

Carsten Schneider sieht die Stärke der AfD zwar „als größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Allerdings glaubt der SPD-Politiker nicht, dass die AfD bei den anstehenden Landtagswahlen im Osten im kommenden Jahr zur stärksten Partei wird, wie er im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks sagte. Denn „niemand traut der AfD zu, Probleme zu lösen“, begründete der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete die Annahme. Die Rechts-außen-Partei sei jedoch bereits 2018 so stark gewesen wie jetzt, dies sei kein neues Phänomen.

Ostbeauftragter: Drei von vier Leuten wählen nicht AfD

Es müssten jene Wähler gestärkt werden, die die AfD nicht wählen – das seien immerhin drei Viertel der Wählerinnen und Wähler. Zugleich müssten in den ostdeutschen Landtagen alle Parteien jenseits der AfD miteinander koalitionsfähig sein. 2024 werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Hinzu kommen zahlreiche Kommunalwahlen im Osten.

Für die Abwendung vieler Ostdeutscher von der Politik sind aus Sicht von Schneider nicht die Konflikte in der Ampelkoalition ausschlaggebend. Dafür gebe es tieferliegende Gründe. Schneider zählte dazu auch die fehlende Teilhabe von Ostdeutschen in Spitzenjobs von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Bei vielen Ostdeutschen sehe er „eine gefühlte Fremdbestimmung“. Das zeige sich beispielsweise auch im geringeren Lohnniveau und dem aus seiner Sicht zu geringen Selbstbewusstsein, Arbeitskämpfe zu führen.

Ostbeauftragter Schneider will Erinnerung an DDR-Volksaufstand am 17. Juni wieder in Erinnerung bringen

Schneider kündigte ferner an, die Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR vor 70 Jahren stärker ins Bewusstsein bringen zu wollen. Der Tag sei zwar im Westen früher Feiertag gewesen, aber im Osten habe es wenig Erinnerung daran gegeben, bis heute: „Das hängt auch damit zusammen, dass die Arbeiter arbeiten und ihre Geschichten nicht erzählt haben, wie es notwendig wäre.“ Der 17. Juni sei jedoch einer der „stolzesten Momente der deutschen Geschichte“ gewesen.

Am 17. Juni 1953 hatten an rund 700 Orten der damals erst knapp vier Jahre alten DDR bis zu eine Million Menschen demonstriert – gegen neue Arbeitsnormen, aber auch gegen die Sozialistische Einheitspartei (SED), für freie Wahlen und mehr Wohlstand. Binnen Stunden wurde der Ausnahmezustand verhängt. Sowjetische Panzer und die Volkspolizei rückten aus. Am Ende waren 55 Menschen tot. Mehr als 10.000 wurden verhaftet, 1500 zu Gefängnis verurteilt.