Gas strömt aus einer Nord-Stream-Pipeline, bis Sonntag werden die Röhren leer sein.
Gas strömt aus einer Nord-Stream-Pipeline, bis Sonntag werden die Röhren leer sein. AFP/Swedish Coast Guard

Die Schäden an den Nord-Stream-Pipelines sind noch größer als bisher bekannt: Schwedens Küstenwache hat ein weiteres, viertes Leck an den Gasröhren zwischen Russland und Deutschland in der Ostsee entdeckt. „Es gibt zwei Lecks auf schwedischem Gebiet und zwei auf dänischem“, erklärte ein Verantwortlicher dazu – die beiden Lecks in der schwedischen Wirtschaftszone lägen „nahe beieinander“, der neu festgestellte Schaden betrifft die Pipeline Nord Stream 2.

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EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat die mutmaßliche Sabotage an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 als Warnruf bezeichnet und einen Belastungstest für die kritische Infrastruktur in Europa angekündigt. „Wir (die EU-Kommission) werden uns jetzt an alle Mitgliedstaaten wenden und wir werden einen Belastungstest durchführen in Bezug auf die kritische Infrastruktur“, sagte die Schwedin am Mittwochabend im ZDF-„heute journal“.

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Öl-Aufsichtsbehörde warnt vor Spionage-Drohnen

Das betrifft vor allem auch Europas größten Gaslieferanten Norwegen. Anschläge auf norwegische Versorgungswege wären für die EU verheerend. Und Oslo meldet bereits seit Tagen eine wachsende Zahl unidentifizierter Drohnen, die in der Nähe von Ölplattformen gesichtet wurden.

Die norwegische Aufsichtsbehörde für die Ölförderung, Petroleumstilsynet (PTIL), veröffentlichte sogar eine offizielle Warnung vor den rätselhaften Flugobjekten. Der Öl- und Gaskonzern Equinor hat bereits seit der Nacht zum Mittwoch das Bereitschaftsniveau auf den norwegischen Anlagen erhöht.

Drohnen drangen in Sicherheitszone um Bohrinseln ein

Ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den Drohnenflügen und den Sabotage-Akten gegen die Nord-Stream-Pipelines ist allerdings noch unklar. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen, denn es gilt zum Schutz vor Anschlägen eine Sicherheitszone um Bohrinseln von 500 Metern über und unter Wasser sowie rundherum, die nicht übertreten werden darf. Die Drohnenflüge könnten möglicherweise Spionageaktivitäten dienen als auch Sabotage-Akten.

Alarmiert von den Drohnenflügen und den Nord-Stream-Lecks will Norwegens Regierung jetzt den Schutz der Öl- und Gasinfrastruktur auf dem norwegischen Festlandsockel verstärken. „Obwohl es keine konkrete Bedrohung gibt, haben wir die Sicherheit jetzt besonders im Blick“, sagte Regierungschef Jonas Gahr Støre in Oslo. „In Norwegen sind wir uns unserer besonderen Verantwortung als Europas größter Gaslieferant bewusst.“ Unternehmen und Behörden arbeiteten eng zusammen, um die Sicherheit zu stärken.

„Die Hinweise darauf, dass es sich um eine bewusste Tat handelt, verdichten sich, und wir befinden uns in einer sehr ernsten Situation“, sagte Støre bei einer Pressekonferenz. „Es ist entscheidend, dass Europa und die Nato jetzt zusammenstehen.“

Regierungschef Jonas Gahr Støre versprach, die Sicherheit der norwegischen Energieversorgung zu erhöhen.
Regierungschef Jonas Gahr Støre versprach, die Sicherheit der norwegischen Energieversorgung zu erhöhen. imago/Gorm Kallestad

Wer hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines steckt, ist noch immer unklar. Während Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki davon sprach, dass es sich „wahrscheinlich um die nächste Eskalationsstufe“ Moskaus im Ukraine-Konflikt handele, nannte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow es „dumm und absurd“ zu vermuten, dass Russland hinter den Lecks stecke. Die Lecks seien für Moskau „ziemlich problematisch“, sagte er.

Auf Anforderung Moskaus wird sich am Freitag der UN-Sicherheitsrat mit Nord Stream befassen.