Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekommt mächtig Stress wegen einer Panne bei der Reform der Straßenverkehrsordnung.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekommt mächtig Stress wegen einer Panne bei der Reform der Straßenverkehrsordnung. Imago Images/Future Image/Jens Krick

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich mal wieder Ärger eingehandelt. Diesmal ist es der neue Bußgeldkatalog für Autoraser, bei dem ihm ein schwerer Patzer unterlief. Die verschärften Verkehrsregeln sind nach Einschätzung von Experten unwirksam – wegen eines Formfehlers. Bis zu einer Million verhängter Bußgelder könnten ungültig sein! 14 von 16 Bundesländern wenden die geänderten Vorschriften bereits nicht mehr an. Doch das ist bei weitem nicht das einzige Problem, mit dem sich Minister Scheuer derzeit herumschlagen muss.

Es sollte eine große Reform der Straßenverkehrsordnung sein: Am 28. April trat die Scheuer-Novelle in Kraft und mit ihr ein knallharter Bußgeldkatalog. Temposünder konnten seither mit einem Monat Fahrverbot bestraft werden, wenn sie 26 km/h auf der Landstraße zu schnell fuhren. Innerorts reichten schon 21 km/h zu viel auf dem Tacho, um ein Fahrverbot zu kassieren. Doch diese Regeln sind nun Geschichte – auch in Berlin und Brandenburg. 

Man muss Scheuer zugutehalten, dass er die härteren Strafen ursprünglich nicht befürwortete. Doch auf Drängen des Bundesrats musste er sie nachträglich in die Verkehrsreform einarbeiten. „Dabei wurde vergessen, auch die Präambel der Änderungsverordnung entsprechend anzupassen“, sagt ADAC-Rechtsexperte Markus Schäpe. Wegen dieses Formfehlers dürften Hunderttausende Bußgeldbescheide und rund 100.000 Fahrverbote, die auf Grundlage der verschärften Regeln verhängt wurden, „juristisch anfechtbar beziehungsweise unwirksam sein“, so der ADAC. 

Betroffene Autofahrer sollten Einspruch einlegen

Das hat weitreichende Folgen für betroffene Verkehrssünder. „Jeder, der jetzt einen Bußgeldbescheid basierend auf der neuen Verordnung bekommen hat, sollte Einspruch einlegen“, sagt Rechtsanwältin Daniela Mielchen gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gerade bei Verstößen, die vor der Novelle nicht zu einem Fahrverbot geführt hätten, seien die Aussichten sehr groß, sich erfolgreich gegen einen Bußgeldbescheid zu wehren.

Das Verkehrsministerium teilt mit, dass für die bislang geahndeten Fälle an einer bundeseinheitlichen Lösung gearbeitet wird. Minister Scheuer hatte schon im Mai signalisiert, dass er die „unverhältnismäßige“ Regelung zu den Fahrverboten am liebsten wieder kippen würde. Damals war der Formfehler, der die Vorschriften unwirksam macht, aber noch nicht aufgefallen. Stattdessen waren es Autofahrer-Proteste, die Scheuer ins Grübeln brachten.

Ernste Zweifel an der Arbeit des Ministers gibt es schon länger. Das Debakel um die gescheiterte Pkw-Maut hängt ihm bis heute nach. Die Opposition im Bundestag erhob in dieser Sache nun sogar neue Vorwürfe gegen ihn. Es geht um E-Mails, die Scheuer dem Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Maut-Skandals übergeben sollte. FDP, Linke und Grüne mutmaßen, dass er nicht alle relevanten Mails offengelegt hat. Sie fordern einen unabhängigen Ermittlungsbeauftragten, der Scheuers Abgeordneten-Postfach nach entscheidender Kommunikation sichten soll.

Scheuer sorgt immer wieder für Empörung

Die Liste der Kritikpunkte, die Politiker und Experten bei verschiedenen Themen an Scheuer äußerten, ist lang. In der Debatte um ein Autobahn-Tempolimit widerlegten sie seine Behauptung, dass die deutschen Autobahnen auch ohne Tempolimit „die sichersten Straßen weltweit“ seien. Für Empörung sorgte 2014 Scheuers Kommentar zur Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten von Thüringen. Scheuer hatte von einem „Tag der Schande für das wiedervereinigte Deutschland“ gesprochen und Ramelow als „Top-Agent einer Ex-Stasi-Connection der Linkspartei“ bezeichnet. (mit dpa)