Michael Müller.
Michael Müller. Foto:  FABRIZIO BENSCH / POOL / AFP

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hält den für November geplanten bundesweiten Teil-Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie für richtig und sachgerecht. "Das wird ein schwerer Weg, jetzt diese Beschlüsse umzusetzen", sagte er nach den Video-Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder. "Wir wissen alle, was das bedeutet, was das für Zumutungen und Einschränkungen für die Menschen sind."

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Aber: "Wenn wir jetzt zugucken, werden wir vielen Menschen nicht helfen können", unterstrich Müller. In Berlin würden die Intensivbetten jetzt schon wieder mindestens genauso stark genutzt wie zu Beginn der Pandemie - mit steigender Tendenz. "Das ist nichts Abstraktes mehr." Es gehe um die Gesundheit und um Menschenleben. Deshalb sei es angemessen, in dieser Situation noch einmal diesen harten Weg zu gehen und solidarisch zu sein.

Bund und Länder verständigten sich bei der Schalte mit der Kanzlerin auf weitreichende, bundesweite Beschränkungen des öffentlichen Lebens ab 2. November - also kommenden Montag. Bis zum Monatsende soll es einen neuen Lockdown für einige Bereiche geben: Gastronomiebetriebe sollen geschlossen bleiben, auch Theater, Opern, Konzerthäuser und Sportstätten.

Dramatische Entwicklung der Pandemie entschärfen

Touristische Übernachtungen in Hotels sollen verboten sein. Der gemeinsame Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll nur noch Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes mit maximal zehn Personen gestatten werden. Bund und Länder wollen damit die massiv steigenden Corona-Infektionszahlen in den Griff bekommen.

"Es sind harte Maßnahmen, aber es handelt sich um vier Wochen", sagte Müller. Natürlich werde es Menschen geben, die sagen, das sei eine lange Zeit, womöglich eine zu lange Zeit. Aber die Hoffnung sei, dass es so eine Chance gebe, die dramatische Entwicklung der Pandemie zu entschärfen.

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Aus Sicht Müllers ist es richtig und wichtig, Schulen und Kitas weiter offenzuhalten. In der ersten Phase der Pandemie habe sich gezeigt, dass Kita- und Schulschließungen dramatische soziale Folgen haben könnten. Wichtig sei ihm zudem, dass die Wirtschaft weiter unterstützt werde. Zwar werde die Auszahlung neuer Hilfsgelder "schon ein paar Tage dauern". Aber man könne an bestehende Verfahren zur Beantragung und Auszahlung anknüpfen.

Der rot-rot-grüne Berliner Senat trifft sich am Donnerstag zu einer Sondersitzung, um über die Umsetzung der Beschlüsse in der Hauptstadt zu beraten. Das werde ein hartes Stück Arbeit, weiß Müller. "Wir haben noch viel zu erklären", sagte er mit Blick auf alle Ministerpräsidenten, die nun mit ihren Kabinetten und Parlamenten sprechen müssen.

"Wenn wir die jetzt schließen, gehen sie pleite"

Die Linke-Landesvorsitzende Katina Schubert meldete schon mal Bedenken an. "Für mich ist völlig offen, ob eine Kontaktbeschränkung, wie sie jetzt geplant wird, die Infektionszahlen senken kann", sagte sie der Tageszeitung «taz» (Donnerstag). Sie plädierte dafür, dass Länder auch eigene Wege gehen könnten. "Berlin muss schauen, was für Berlin wichtig ist, genauso wie etwa Thüringen sich das auch herausnimmt. Wir müssen nicht alles mitmachen."

Zu der beabsichtigten Schließung von Restaurants, Bars und Kneipen sagte Schubert: "Es ist falsch, deren Öffnungszeiten und Angebote völlig runterzufahren." Viele Betreiber hätten massiv investiert in Lüftungssysteme, hätten Pläne entwickelt, wie ausreichend Abstand gewahrt werden könne. "Wenn wir die jetzt schließen, gehen sie pleite. Wir müssen sehr klug agieren, sonst kommt auf uns eine massive Insolvenzwelle zu, die in Berlin, wo der Dienstleistungsbereich für 85 Prozent der Arbeitsplätze sorgt, zu erheblichen sozialen Verwerfungen führen wird."

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Aus Kreisen der Grünen hieß es, die letzten Wochen hätten gezeigt, dass alle Anstrengungen gegen die Pandemie nicht den erhofften Erfolg gebracht hätten. 2Nun muss Politik alles daran setzen, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen für die Betroffenen so gut es irgend geht abzufedern."

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja erneuerte seine Forderung nach einer umgehenden Sondersitzung des Abgeordnetenhauses. "Ein so tiefgreifender Eingriff in unsere Freiheits- und Grundrechte darf einfach nicht am Parlament vorbeidiskutiert und beschlossen werden", erklärte er. Nötig sei eine Regierungserklärung Müllers im Parlament.

Die nächste reguläre Sitzung des Abgeordnetenhauses ist am Donnerstag kommender Woche. Soll das Parlament unverzüglich einberufen werden, muss mindestens ein Fünftel der Abgeordneten oder der Senat das beantragen. Die FDP benötigt für ihr Ansinnen also Unterstützung aus anderen Fraktionen. Die CDU winkte am Abend ab und verwies auf den Sitzungstermin in der kommenden Woche.