Mehr Geld für Bedürftige, höhere Beiträge: So teuer wird jetzt die Pflegeversicherung!
Gesundheitsministerium will Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,35 Prozentpunkte anheben, Pflegegeld soll zum 1. Januar 2024 steigen.

Wegen stark steigender Kosten für die Pflege sollen Entlastungen für Pflegebedürftige kommen – aber auch höhere Beiträge. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine Pflegereform für dieses Jahr angekündigt und ließ schon erkennen, dass zum Finanzieren von Leistungsverbesserungen ein Beitragsaufschlag nötig sein würde. Über die Gesetzespläne laufen derzeit Abstimmungen in der Regierung, doch ein in der Ampel-Koalition bereits heiß umstrittener Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums wird schon sehr konkret. Das sind die Kernpunkte und so teuer wird es für uns alle:
Beiträge I: Der Entwurf sieht vor, dass der Beitragssatz ab 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent des Bruttolohns steigt und für Kinderlose auf 3,75 Prozent. Das ergäbe für 2023 noch 3,15 Milliarden Euro extra und von 2024 an jährliche Mehreinnahmen von 6,6 Milliarden Euro. Ob weitere Zuschüsse aus dem Bundesetat kommen, ist offen, wie auch die Union monierte. „Anderenfalls bleiben allein die Beitragszahler auf den Kosten sitzen“, warnte der Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU). Das Ministerium hielt sich auf Nachfrage bedeckt, die Verhandlungen über den nächsten Haushalt laufen in der Bundesregierung aber gerade.
Besserstellung für Familien
Beiträge II: Umzusetzen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Eltern mit mehreren Kindern bessergestellt werden müssen als kleine Familien und Kinderlose. Der Entwurf sieht dazu vor, den Kinderlosenzuschlag von 0,35 auf 0,6 Prozentpunkte anzuheben. So läge der Gesamtbeitrag für sie dann bei 4,0 Prozent. Bei Familien könnten beginnend mit dem zweiten Kind gestaffelte Abschläge vom regulären Satz von künftig 3,4 Prozent kommen: Bei zwei Kindern wären es 3,25 Prozent, bei drei Kindern 3,1 Prozent, bei vier Kindern 2,95 Prozent.
Höheres Pflegegeld nur „Tropfen auf den heißen Stein“
Pflege zu Hause: Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld soll nun laut Entwurf zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen, genauso wie Geld für Sachleistungen. Pflegegeld wird als Unterstützung gezahlt, wenn Pflegebedürftige nicht in Einrichtungen sind. Sie können es frei verwenden, etwa für Betreuung. Je nach Pflegegrad liegt es zwischen 316 und 901 Euro im Monat. Der Chef der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, nannte ein Fünf-Prozent-Plus „völlig inakzeptabel“. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach von einem „Tropfen auf den heißen Stein“ nach deutlich höheren Kostensteigerungen seit 2017.
Pflege im Heim: Für Bewohnerinnen und Bewohner gehen Zuzahlungen seit Jahren nach oben – auch mit 2022 eingeführten Entlastungszuschlägen, die mit der Pflegedauer steigen. Sie sollen laut Entwurf ab 1. Januar 2024 angehoben werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll dies im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher fünf Prozent drücken, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Im Heim kommen Zahlungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen dazu.
Regelmäßige Erhöhungen geplant
Dynamisierung: Vorgesehen ist auch ein Mechanismus, um Geld- und Sachleistungen regelmäßig zu erhöhen. Zum 1. Januar 2025 soll laut Entwurf ein Plus von fünf Prozent kommen. Zum 1. Januar 2028 sollen die Leistungen dann „regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert“ werden.
Die weiteren Beratungen der Koalition könnten noch schwierig werden. Die Grünen zeigten sich „enttäuscht“ von dem Entwurf. Nötig wäre es, der Pflegeversicherung Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen wie Corona-Kosten und Rentenbeiträge für Angehörige zu erstatten, sagte Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Finanzminister Christian Lindner (FDP) sei zumindest zu schrittweisen Lösungen in der Pflicht. Das würde diesen „deutlichen Beitragssprung“ vermeiden. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen mahnte, gesamtgesellschaftliche Verpflichtungen könne man nicht allein den Pflegebedürftigen aufbürden.